Samstag, 19. November 2011

"Musikantenkrieg" in Jahrmarkt (3)

(NW Nr. 6822, 6834)

. . . Als Mitglied der Loris-Kapelle (seit 1948), Arbeiter in der Wollindustrie Temesvar (seit 1949) möchte auch ich meine aufrichtige Meinung äußern. Der Ursprung der gegenwärtigen Jahrmarkter Musikprobleme ist in der von Johann Kaszner im Jahre 1957 hervorgerufenen Spaltung der Loris-Kapelle zu suchen. Zweitens muss bemerkt werden, dass die Hauptfanatiker von Kaszner bei allen Kulturinstitutionen in Temesvar wohlbekannte Gäste sind. Das Haus für Volkskunstschaffen, das Kreiskomitee für Kultur und Kunst, die NBZ könnten Ihnen vielleicht noch mehr Einzelheiten schreiben. Kein Beschluss, der gefasst wurde, war diesen Unruhestiftern willkommen. Hier müssten Maßnahmen getroffen werden, und Jahrmarkt hätte seine Ruhe. Im Brief sind viele Angaben, die nicht der Wahrheit entsprechen:

1. Beide Kapellen seien gleich stark (Loris 49, Kaszner 50 Mann). Beim letzten Wettbewerb, wo wir zusammen waren, war Loris mit 56 Mann, Kaszner mit 22 vertreten. Ist dies gleich?

2. Wer wurde bewusstlos geschlagen von Loris-Musikanten? Haben wir keine Miliz? Diese Organe wissen nichts von dieser Schlägerei, nur unser Briefschreiber?

3. Wiesenmayer soll gezwungen worden sein, Loris hochleben zu lassen, wenn nicht, wird er zu Boden geschlagen. Wer ist Wiesenmayer, wo war er und wer hat ihn zu Boden geschlagen?

4. Richard W. war in Jahrmarkt auf Besuch, wo war er auf Besuch? Was hat man ihm gesagt, in welchem Zustand war Richard?

Für mich persönlich ist der Brief im NW Nr. 6822 eine Ehrenbeleidigung, weil er nicht der Wahrheit entspricht. Es wäre noch viel anzuführen.

Zuletzt hätte ich zwei Bitten: - eine NW-Untersuchung einleiten (als langjähriger Leser des NW bin ich von der objektiven Untersuchung überzeugt); - den Namen des (wenigstens für uns) anonymen Briefschreibers zu veröffentlichen.
Mathias Tomansky, Jahrmarkt

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Auch ich bin ein "Zugewanderter" in Jahrmarkt. Ich stamme von Waldau. Ich habe mich in Jahrmarkt niedergelassen und die Menschen hier liebgewonnen, ich kann sagen, dass es fleißige und sympathische Leute sind. Ich habe auch die Musikkapellen kennengelernt und kenne daher die Loris-Kapelle und ihre Leute. Es sind Menschen, die gute und schöne Musik machen. Ich kann sagen, dass viele Dörfer des Banats alles für diese Musik geben würden, wenn sie sie ihre Musik nennen könnten. Wenn man Musik liebt und zwei Kapellen in einem Dorf sind, muss man doch nicht gleich Fanatiker sein. Man sympathisiert eben mit der besten Kapelle, und das ist in Jahrmarkt die Loris. Daran ist nichts zu ändern.

In letzter Zeit habe ich aber bemerkt, dass einige fanatische Kaszner-Drucker in dieser, ich nenne sie auch meine Gemeinde, viel Unruhe stiften. Ich möchte sagen, gerade dieses vollführen, was in dem Brief (in der Zeitung) fälschlicherweise dem Loris zugeschrieben wurde. Ich meine, diese Falschheit ist doch nicht richtig. Eine Gemeinde wie Jahrmarkt müsste doch in der Kulturtätigkeit des Banats führend sein.

Wenn aber nun schon zwei Musikkapellen vorhanden sind, so sollte man sich auf musikalischem Gebiet messen und nicht mit falschen Anklagen kommen. Hier müsste Kaszner zuerst einmal seinen Mann stellen, dann dürfte er auch die gleichen Ansprüche erheben wie Loris.
L. Reppert, Jahrmarkt

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Die Zuschrift im "Neuen Weg" vom 14. April wurde wahrscheinlich von keinem Jahrmarkter Bürger geschrieben, sie bietet aber trotzdem Einblick in das Alltagsleben einer Dorfgemeinschaft.

Man wird sich andernorts sicherlich die Frage stellen, wie konnte es überhaupt zu solchen andauernden Ausschreitungen kommen, wo doch in Jahrmarkt auch vernünftige Leute wohnen und wirken dürften, denen diese Vorkommnisse bestimmt auch bekannt waren und die etwas hätten tun können und müssen, um diesen Hausstreit in der Gemeinde beizulegen.

Wohl hat die Loriskapelle schöne Erfolge aufzuzeigen (1. Preis beim Landeswettbewerb der Blaskapellen 1970), das heißt aber noch lange nicht, dass sie in Jahrmarkt eine Art Musik-Monopol ausüben darf; so mancher zieht die Tanzmusik der Kasznerkapelle vor, jedoch wird das Auftreten dieser Kapelle systematisch hintertrieben. Eine leider unrühmliche Rolle spielen diesbezüglich die einflussreichen Dorfintellektuellen, wie Hans Speck, Peter Riesz, Michael Lukas u.a., die alle auf der Lorisseite stehen.

Prof. Hans Speck, Leiter der ethnographischen Abteilung des Temescher Kreisrates der Werktätigen deutscher Nationalität, ist in Jahrmarkt als eindeutiger Verfechter der Loris'schen Musikdynastie bekannt. Peter Riesz, Autor des Mundartstückes "Ohne Titel", Betreuer und Instrukteur der Jungmusikanten, hatte beim Fernsehauftritt dieser Formation vergessen, dass es die Loris-Jungmusikanten sind, ließ seine Schützlinge als "Jahrmarkter Jungmusikanten" auftreten und beschwor damit ein Ärgernis mehr herauf. Auch Kulturheimdirektor Michael Lukas bekennt sich offen als Loris-Anhänger.

Auf der anderen Seite, der Kasznerkapelle, sind ausschließlich Facharbeiter und Gewerbetreibende, die sich benachteiligt fühlen und nicht mit Unrecht. Man kann solche Erscheinungen der Benachteiligung klar erkennen. Wer auf den beiden Musikantenbällen anwesend war (das Publikumsverhältnis war etwa 6 zu 5 für Loris), konnte sich davon überzeugen. Am 13. Februar war der Loris-Musikantenball. Zu diesem Ball hatte die Konsumgenossenschaft im Kulturheim ein Büfett eingerichtet, das reichlich versorgt war mit Imbiss und Getränk, einschließlich Bier. Beim Kaszner-Musikantenball am 14. Februar dagegen konnten die Anwesenden ihren Durst nicht einmal mit Sodawasser löschen. Ebenso war die Bühne des Kulturheims am 13. Februar mit einem Bild des bei allen Jahrmarktern sehr beliebten Prinz-Eugen-Brunnens geschmückt. Am darauffolgenden Abend, beim Kaszner-Ball, waren anstelle der Bühnenmalerei dunkelfarbige Leinwandstreifen. (An dieser Stelle dem Kulturheimdirektor Lukas ein besonderes Lob für seine organisatorische bzw. diskriminatorische Leistung.) Nach Mitternacht erschienen einige Loris-Jungmusikanten beim Kaszner-Ball mit einigen Krügen Wein auf dem Holzbalkon des Kulturheimsaales, machten sich in einer Ecke breit und nach kurzer Zeit war die Hölle los. Durch Zurufe und Pfiffe hinab in den Saal sowie mit Schuhabsätzen auf den Fußboden trampelnd, wollten sie scheinbar den Musikanten ihren eigenen (aber falschen) Takt aufzwingen. Obwohl selbst das Publikum darüber sehr ungehalten war, hat niemand eingegriffen. Es hat an diesem Abend auch keine Ordnungshüter gegeben, wie am Abend zuvor. . .

Würden sich alle Personen, die im Jahrmarkter Musikantenkrieg "Waffenlieferanten" sind, realistisch zu der Situation im Jahrmarkter Musikleben einstellen und nicht von Romeo und Julia und deren Vereinigung der Musikanten irreführen lassen, sondern vielmehr nach dem Beispiel der Jahrmarkter freiwilligen Feuerwehrformation alle Kapellen gleichberechtigt anerkennen, wäre der "Krieg" in Jahrmarkt bald beendet.

Sollte sich die Redaktion entschließen, dieses Schreiben zu veröffentlichen, nehme ich wortgetreu und sinngemäß alle Verantwortung mit meiner Unterschrift auf mich. Findet es die Redaktion angebracht, Änderungen vorzunehmen, die im Interesse der Beilegung der Feindschaft im Jahrmarkter Musikleben sind, bin ich damit einverstanden. 
Nikolaus Kerker, Jahrmarkt

Jeder Leserbrief ist uns willkommen. Um möglichst viele Zuschriften veröffentlichen zu können, behalten wir uns das Recht vor, sachlich berechtigte Kürzungen vorzunehmen. Die in dieser Rubrik geäußerten Meinungen zu Fragen von allgemeinem Interesse bzw. zu aktuellen, in der Zeitung aufgeworfenen Problemen müssen sich nicht mit dem Standpunkt der Redaktion decken.
DIE REDAKTION


aus NEUER WEG, Bukarest, 5. Mai 1971

Montag, 7. November 2011

Blasmusikkonzert in der Sporthalle Niederbühl

Ausverkauft war die Niederbühler Sporthalle bei Rastatt am Ostersonntag, dem 26. März 1989.

Das angekündigte Blasmusikkonzert mit vielen bekannten Banater Vokal- und Instrumentalsolisten hatte über 500 Freunde der Blasmusik angelockt. Nach der Begrüßungsansprache, die Berthold Ebner hielt, ging es mit bekannten und neuen Blasmusikmelodien durch den Abend. Nicht nur das von Rundfunk und Fernsehen bekannte Sängerpaar Mara Reinholz und Hans Kaszner gefielen, sondern auch die Sänger Niki Loris, Horst Reiter und Josef Stritt ernteten viel Beifall.

Anerkennung und Bewunderung für ihre künstlerische Leistung gab es für die beiden Instrumentalsolisten Willfried Bernath und Helmuth Kaszner. Leider vermied es der Moderator des Konzerts, dieser Volksmusikdarbietung den nötigen banatschwäbischen Charakter zu verleihen. Musiker und Moderatoren sollten sich endlich bewußt sein, daß Volksmusik nur dann von dauerndem Erfolg gekrönt sein wird, wenn sie in ihrer Botschaft direkt heimatbezogen ist. So wie Egerländer, Böhmerwälder, Oberkrainer, Zillertaler, Schwarzwälder und viele andere, sollten sich auch Banater zu ihrem Ursprung bekennen, auch wenn, oder gerade weil, uns zur Zeit ein politischer Wind ins Gesicht bläst.

Die musikalische Leitung des Konzerts lag in besten Händen. Hans Kaszner, der Jahrmarkter Kapellmeistersohn, der im Hessischen Polizeiorchester musiziert und in so namhaften Blaskapellen wie Neue Böhmische Blasmusik, Böhmerwälder Musikanten und Original Egerländer Musikanten spielt und singt, dirigierte ein Blasorchester, das man mit höchsten musikalischem Maßstab messen muß. (Video)

Erfreulich war die Anwesenheit eines Banater Blasmusikkomponisten, dessen Kompositionen und Arrangements von vielen berühmten Kapellen gespielt werden: Franz Watz. Mehrere der auch an diesem Abend dargebotenen Musikstücke stammen aus seiner Feder.

Nach dem Konzert konnten die vielen Gäste auf die hervorragende Musik des Schwabenechos das Tanzbein schwingen oder eine original Banater Bratwurst genießen.

Der Banater Jugendgruppe aus Rastatt gebührt uneingeschränktes Lob. Die Mädel und Buben dieser Gruppe waren die Initiatoren und die Organisatoren dieses "Großen Blasmusik- und Tanzabends".
Anton Potche

aus BANATER POST, München, 5. Mai 1989

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