Mittwoch, 19. Dezember 2012

Das große Schwabenkonzert

Beste Berufs- und Laienkünstler vor 2500 Zuschauern in der Olympiahalle

Vor dichtbesetztem Saal lief am Sonntag Abend das großangelegte Unterhaltungsprogramm in der Olympia-Halle, das vom Temescher Kreisrat der deutschen Werktätigen in Zusammenarbeit mit dem Kreiskomitee für Kultur und sozialistische Erziehung innerhalb der II. Auflage des Landesfestivals "Cîntarea României" veranstaltet worden ist und vom Bukarester deutschen Fernsehen für eine nächste Sendung aufgezeichnet wurde. Um es vornweg zu sagen: die fast vierstündige Darbietung (Regie: Horst Strasser) war insgesamt eine beachtlich schöne Leistung und von der Beteiligung her ein Musterbeispiel im Temeswarer Kulturgeschehen. Denn es ist ja nicht alltäglich, dass sich mehrere Kulturinstitutionen - wie das Temeswarer Deutsche Staatstheater, der Schubert-Chor und die Jahrmarkter Musikkapelle - in einer Vorstellung vereinen und es ist nicht alltäglich, dafür aber höchst begrüßenswert, dass Berufs- und Laienkünstler zusammenwirken und ein harmonisch abgerundetes Ganzes bilden; vorzüglich erkennbar im ersten Teil, der durch Titelauswahl, Arrangements und Auftreten jeder Prüfung standgehalten hat.
Den I. Teil des Programms bestritten die Jahrmarkter Blaskapelle und der Schubertchor, deren Aufstellung in dem großzügigen Raum auch für das Auge gut zur Geltung kam. (Ausstattung: Ferenc Kovacs und Karl-Heinz Roth). Die erfreuliche Leistungsdichte dieser beiden Laiengruppen aber zeigte, dass diese auch unter Berufskünstlern herausragen. Die 52 Bläser um ihren Dirigenten Prof. Matthias Loris musizierten mit einer Dynamik und einer Präzision, die bestechend wirkte. Es ist ein Orchester, das sauber und nuanciert interpretiert, dessen Vortrag eine besondere Note hat. Gleichviel, ob es sich um Märsche, um Bearbeitung von Volksliedern, oder um Konzertstücke handelt. Dieser hervorragende Klangkörper, seine ausgezeichnete Leistung in der Besetzung bestätigten, wie verdient der Preis beim I. Festival "Cîntarea României" war. In flüssiger Spielweise wurden die guten Eigenbearbeitungen von Volksliedern wie "Fröhlicher Reigen", dann "Crai nou" von Ciprian Porumbescu und Lehars "Gold und Silber" vorgetragen.
Stimmlich auf der Höhe und mit einer sehr guten Liederauswahl präsentierte sich der Schubert-Chor unter Leitung von Dozent Matthias Schork. Der Auftritt verriet, dass dieses Ensemble vorwiegend an seiner Qualität arbeitet, gute Musik pflegt. Zu erkennen an dem Vortrag des ewig jungen und schönen "Heimatland, Banaterland" - hier auch hervorzuheben der von Julius Vollmer mit verhaltenem Pathos gesprochene Text -, ferner an der Darbietung von Schuberts "Die Nacht", dem schwäbischen Volkslied "Gretche, willscht du tanze gehn" sowie der böhmischen Volksweise "Schau, schau wie es regnet" - Solist der begabte Adrian Nucă.
Einfallsreich und dezent in der Begleitung der Gedichtvorträge, die in guter Abstimmung eingeblendet waren und die allgegenwärtige Heimatverbundenheit dieser Darbietung unterstrichen: Die Gedichte "Erde in deinem Chor" von Franz Liebhard, "Gerechtigkeit" und "Unser Heed" von Nikolaus Berwanger, "Träne der Zeit" von Anghel Dumbrăveanu und "Drei Vierzeiler über Temeswar" von Horst Samson wurden von den Schauspielern Julius Vollmer, Robert Jereb, Hans Kehrer und Adele Radin vorgetragen. Mit Gesangssoli wirkten mit Oskar Schilz und Monika Baialici, Humor brachte Peter Rainer mit einem schwäbischen Monolog aus seiner Tätigkeit als Fernsehreporter. Apropos Humor: Adele Radin und Hans Kehrer sorgten dafür ungezwungen und souverän. Als Ansager führten sie uns sicher und elegant durch das ganze Programm, streuten Pfeffer und Salz - hochdeutsch sowie schwäbisch - in die Vorstellung, wobei ihnen noch als besonderer Pluspunkt anzurechnen ist, dass sie frei sprachen. Sie haben auch als einzige die Gedichte nicht vom Blatt gelesen. Bravo und Dankeschön! Hans Kehrer hatte zudem den ganzen Saal minutenlang auf seiner Seite, und zwar zusammen mit der bezwingend charmanten Elisabeth Kölbl, in der humoristischen Mundart-Szenette  über "Theorie und Prax". Das Schlusslied des I. Teils "Du, du liegst mir im Herzen", vorgetragen vom Schubert-Chor und dem Loris-Orchester, bleibt sicherlich allen Zuhörern im Sinn. Herausragend hier die vier Chorsolisten Hannelore Ortinau, Ilse Langer, Horst Sausmann und Jakob Hügel.
Der II. Teil gehörte - so die Ansage - der Jugend, der Liebe und der Lebensfreude. Erstes Erkennungszeichen das junge Jahrmarkter Unterhaltungsmusikorchester, das das Publikum mit exaktem Musizieren vergnügte, saubere, gepflegte Tanzmusik interpretierte. Man fühlte dieselbe Dirigentenhand: Prof. Matthias Loris
Die Arrangements und das einfallsreiche Spiel waren vor allem bei der Begleitung der Sänger hervorragend. Die Sänger Hans Griffaton aus Großjetscha und Mathias Stefan aus Jahrmarkt fielen durch ihre schönen Stimmen auf. Monika Baialici bestach mit dem Schlager "Lass mich heute nicht allein", durch Stimme, Vortrag und Gestik. Eine Show eigenen Formats zog Bernd Bömches auf und brachte Mitwirkende wie Publikum in Hochstimmung. Gut gefiel das Volkslied "Ein Mann wollte fahren ins Heu", das er mit Inge Meyer vortrug, die ebenso wie Lore Grün zu den Gesangsolisten zählte. Der Humor-Clou dieses II. Teils war unbedingt der Josefstädter Franzi, alias Alexander Ternovits vom Temeswarer Nationaltheater mit seinem "Josefstädter Tango", der das einstige Temeswarer Vorstadtmilieu einmalig-unübertrefflich karikierte und damit selbstverständlich die Lacher auf seiner Seite hatte. Eine gute Fortsetzung bot die folgende Szenette, in der Ternovits mit Elisabeth Kölbl auftrat.
Der Ausklang dieses besinnlich-schönen Kulturabends mit dem Lied "Danke Freunde", gesungen von den Solisten unter Begleitung der Loris-Musik soll von den Interpreten, von allen Mitwirkenden als Echo, als Rückerwiderung seitens des Publikums gewertet werden, wenn das nicht schon der starke, anhaltende Beifall zum Ausdruck gebracht hatte. Schade nur, dass wegen der TV-Liveaufnahmen der Ton nicht im ganzen Saal gleich gut angekommen ist.
Maria Stein
Auf Seite 3 unser Bilderbericht "DAS GROSSE TV-KONZERT IN DER OLYMPIA-HALLE" (Anmerkung: Zwei der obigen Bilder stammen von dieser Seite)

aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, 28. März 1978

Montag, 17. Dezember 2012

Paul Celan, der Dichter aus dem Osten


Das geschichtsträchtige Jahr 1990 hat uns kaum Zeit gelassen, Gedenktage entsprechend ihrer Bedeutung zu erleben oder Persönlichkeiten der Literatur und Kunst gebührend zu würdigen. So blieb auch weitgehend unbeachtet, daß in diesem Jahr der Dichter Paul Celan 70 Jahre alt geworden wäre, hätte er vor 20 Jahren nicht in der Seine den Freitod gefunden.
Am 23. November 1920 erblickte Paul Anczel in einer deutsch-jüdischen Familie in Czernowitz (Bukowina) das Licht der Welt. Als sensibler Jüngling erlebte er die Judenverfolgung in der Bukowina und später in Rumänien, nachdem er aus der seit 1940 zur Sowjetunion gehörenden Heimat geflüchtet war. Seine Eltern ereilte in einem Vernichtungslager der gewaltsame Tod. Im Dezember 1943 kehrte Anczel nach Czernowitz zurück, um sein bereits im November 1939 begonnenes und 1941 gezwungenermaßen (Ghetto) abgebrochenes Romanistikstudium fortzusetzen. Er nahm dann das Studium, allerdings erst im Herbst 1944, wieder auf. Schon ein Jahr später verließ Paul Anczel die Sowjetunion endgültig, um in Rumänien ein neues Zuhause zu suchen. Er fand in Bukarest eine Beschäftigung als Übersetzer und Verlagslektor.
Es wird vermutet, daß der junge Anczel schon im Jahre 1944 einige seiner ersten Verse Alfred Margul Sperber anvertraut hatte. Gewiß ist, daß seine ersten Gedichte in der nur einmal erschienenen Zeitschrift AGORA veröffentlicht wurden. Die Idee, seine erste Veröffentlichung mit dem Anagramm seines Namens zu versehen, kam von Jessika Sperber, der Frau Alfred Margul Sperbers. Fortan unterschrieb Paul Anczel nur noch mit Paul Celan.
1947 begab Paul Celan sich auf den Weg, den vor ihm schon Millionen Flüchtlinge und Vertriebene bewältigt hatten. Auf der Ladefläche eines von zwei russischen Offizieren gefahrenen Militärlastkraftwagens überwand er die rumänisch-ungarische Grenze und gelangte schließlich nach Wien. Hier erschien dann auch sein erster Gedichtband Der Sand aus den Urnen. Diesen Band ließ Celan später zurückziehen, weil er viele, zwar schwer erkennbare, aber im Endeffekt sinnverändernde Druckfehler enthielt. Dieser unerfreuliche Vorfall kann schon als Beispiel dienen, wie schwer sich Verleger und später auch Leser mit den Versen des Dichters aus dem Osten taten. 
Im Juli 1948 setzte der in Wiener Literaturkreisen eben bekannt gewordene Dichter seine Reise in Richtung Westen fort. In Paris fand er schließlich seine endgültige Heimat. Paul Celan studierte hier Germanistik und Sprachwissenschaft. Er lebte mit seiner Frau, der Graphikerin Gisele Celan-Lestrange, in recht bescheidenen Verhältnissen. Den Lebensunterhalt verdiente er sich als Übersetzer und Lektor für deutsche Literatur an der Ecole Normale Supérior und natürlich als freier Schriftsteller. Dem ersten Gedichtband folgten nämlich weitere sieben Bände, die zwar in Frankreich entstanden, aber alle in deutscher Sprache geschrieben wurden und mit einer einzigen Ausnahme auch in Deutschland erschienen sind. Der Dichter selbst mied Deutschland.
Die Sprache seiner Kindheit blieb aber die Sprache seines Lebens und in ihr schrieb er seine Gedichte in einer Zeit, als man sich in Deutschland darüber stritt, ob man nach Auschwitz überhaupt noch Gedichte schreiben könne. Er schrieb in der Sprache, die er durchaus auch hätte verachten können, die er aber anscheinend als einzige brauchbare Ausdrucksmöglichkeit seiner Gefühle empfand. Und diese Gefühle waren dunkel, voller Mystik, schrecklicher Träume und Vorahnungen. Dementsprechend klingen auch die Gedichte Celans. Die Sprache ist karg, mit Metaphern durchsetzt. Symbole beherrschen die Verse. Der Leser hat es schwer, besonders wenn er nach dem schönen Gedicht sucht. Wie sollte das auch entstehen, bedenkt man, daß der Dichter die Ungeheuerlichkeiten der Ghettos und Konzentrationslager er- und überlebt hat. Alles, was ihm aus jener Zeit geblieben war, war die Sprache. Er bediente sich ihr nie zum Geißeln, aber oft zum Mahnen und Suggerieren: "Hörst du: ich rede zu dir, wenn schwül sie das Sterben vermehren. / Schweigsam entwerf ich mir Tod, leise begegn ich den Speeren."
DPaul Celan ein dichtender Wanderer zwischen den Kulturwelten war, zeigen seine hervorragenden Übersetzungen und Nachdichtungen aus dem Russischen, Französischen, Englischen und Amerikanischen, Italienischen, Rumänischen, Portugiesischen, Hebräischen. Er empfand die Dichtung als etwas universal Verständliches, ähnlich wie die Musik. Man kann sie überall in der Welt, ganz gleich in welcher Sprache sie geschrieben ist, aufnehmen und in ihr Parallelen zum eigenen Sein suchen und auch finden. In seiner Rede anläßlich der Verleihung des Georg-Büchner-Preises (22. Oktober 1960) verkündete der preisgekrönte Dichter: "Geht man also, wenn man an Gedichte denkt, geht man mit Gedichten solche Wege? Sind diese Wege nur Um-Wege, Umwege von dir zu dir? Aber es sind ja zugleich auch, unter wie vielen anderen Wegen, Wege, auf denen die Sprache stimmhaft wird, es sind Begegnungen, Wege einer Stimme zu einem wahrnehmenden Du, kreatürliche Wege, Daseinsentwürfe vielleicht, ein Sichvorausschicken zu sich selbst, auf der Suche nach sich selbst... Eine Art Heimkehr."
Paul Celan bekam außer dem Georg-Büchner-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung auch den Literaturpreis der Freien Hansestadt Bremen (1958), den Literaturpreis des Landes Nordrhein-Westfalen (1964) und bereits 1957 die Ehrengabe des Kulturpreises im Bundesverband der Deutschen Industrie. Nicht zuletzt auch dadurch hat er sich einen ewigen Platz in der Galerie der deutschen Dichter erworben. Der Dichter aus der östlichsten deutschen Kulturenklave wurde von der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG als "der bedeutendste Lyriker der deutschen Nachkriegsliteratur" geehrt.
Als ein Mensch, der kreuz und quer durch die Sprachen und aus den Sprachen Europas lebte und dichtete (übersetzte), ist Paul Celan in die Literaturgeschichte eingegangen. Sein Werk erweist sich in unserer Zeit des Umbruchs und des Näherrückens mehr denn je als zeit- und grenzenlos.
Anton Potche
aus BANATER POST, München, 20. Januar 1991

Mittwoch, 12. Dezember 2012

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 28

Es Kälbche sauft immer an dr Kuh, net die Kuh am Kälbche.
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Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999)

Freitag, 7. Dezember 2012

Stilli Betrachtung


Na also, des großi Ereignis mit den Konzert is varüber. Natürlich sein alli grennt, wal e jeda woass, was a vun der Loriskapelln zu tawoartn hat. Aso so a Konzert is aamal fias Ohr un fias Herz. Und wal aams Herz dabei so leicht wert und nebnbei noch Zeit is, fie stilli Betrachtungen anstelln, so juckt den Reschitzara der Hafer.
Jetz geht der Vorhang auf, aba dee berimtn Bretter ghöratn aa schun aamol griebn, da schamt ma sich hinschaun. Dee Inschtrumentn glanzn. Aso des is die vielbekannti Loriskapelln? Ma sagt, es wäretn so ihnari sechzig Mann, so a fünfunvierzig sein nuir da, na ja, is ja Samstag, wahrscheinlich spieln die andaran woanders! Die Ansagerin meent, dass die Loriskapelln seit vier Generationen besteht. Möglich! Es sein älderi, jüngeri Leit, mit längeri un kürzeri Haar, aaner is sogar grau, des is sicher e Überbleibsel vun die anderen Generationen. Da kumman zwaa zu den Neinplärrer, was ma Mikrofon dazu sagt, und singen. Dabei sigt ma, dass deni ihnari Uniformleibl ausgwachsn warn, wal ma sigts Hemat naus. Mei Alda meent, so verkühlt ma sich die Niern. Bei die Zuschauer kann ma aa viel zuschaun. Am Balkon sein a paar klaani Nockerln rumgloffn. Wenn sie nit a fremdi Frau am Hosnzipfl zruckzogn hätt, wäratsn ieba die Balustrade ghupft.
Nach der Pause habn alli angfangt zu hustn. A paar Staubwolkn habn in Saal verneblt. Vor a zehn Jahr oder noch mehr, is der Saal mit Motorin aufgwaschn worn. Aber des war sicher schlechti Qualität, wal ma merkt nix mehr davon. Flöh sein aso ka Wunder. Und gewundert hats mi aa nit mehr, wie die Leit mit viel Räsoniern über die finsteren Stiegn vum Balkon runderkummen und bis zum Ausgang gstolpert sein.
Die Kolletneni    



aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, 23. März 1978

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Rumäniendeutscher "Verhandlungsschwerpunkt"


Es war selbstverständlich nur eine Frage der Zeit, wann eine rumänische Delegation mit ihren Hilferufen in Bonn aufkreuzen würde. Man durfte gespannt sein, wer diese hochrangige Regierungsdelegation leiten werde. Nun weiß man es, und man muß den Rumänen zugestehen, daß sie den richtigen Mann (entsprechend dem zur Zeit in Bukarest verfügbaren Politikeraufgebot) geschickt haben. Rumäniens Präsident Ion Iliescu ist mit seiner Vergangenheit zu sehr belastet. Der Westen hat nicht vergessen, daß er einst als Ceauşescus Nachfolger  gehandelt wurde und unter dem Diktator schon hohe Parteiämter begleitete. Die Juni-Ereignisse in Bukarest haben dem Image des Präsidenten  einen neuen Makel verpaßt.
Petre Roman, der rumänische Ministerpräsident, scheint auf der internationalen Politbühne eine bessere Figur als sein Präsident abzugeben. Besonders für den Bittstellergang nach Bonn schien er sich schon darum gut zu eignen, weil er es seit seinem Erscheinen in der rumänischen Führungsspitze stets verstanden hat, seine angeblichen Demokratisierungsbestrebungen effektvoll in Szene zu setzen. Die immer wieder auftauchenden Gerüchte über Meinungsverschiedenheiten zwischen den zwei starken Männern Rumäniens sind ein beredtes Beispiel dafür. Für Romans Bonnreise spricht auch sein Alter (oder seine Jugend), kann man ihm doch nicht mehr vorhalten, einer Generation anzugehören, die die Deportation der Deutschen aus Rumänien geduldet oder teilweise sogar begrüßt hat.
Daß eben diese Rumäniendeutschen wieder für eine politische Szenerie als Statisten herhalten sollen, war bei diesem Besuch zu erwarten. Schon immer, wenn es um die deutsch-rumänischen Wirtschaftsbeziehungen (sprich Wirtschaftshilfe in Richtung Osten) ging, wurde die deutsche Volksgruppe von den rumänischen Kommunisten als Erpressungsmittel mißbraucht. Auch diesmal spielten sie eine gewichtige Rolle in den Verhandlungen. Um der deutschen Regierung die rumänischen Anliegen schmackhaft zu machen, erklärte Roman, daß man sich in Bukarest die Rückkehr der ausgesiedelten Deutschen wünsche. Rumänien sei "offen dafür, einen Vertrag über die deutsche Minderheit auszuarbeiten und zu verwirklichen ".
Nun scheint man in Bonn aber vorsichtshalber nicht zu übersehen, daß Roman, trotz seines politisch geschickten Taktierens, doch noch den Ruf des geläuterten Neokommunisten im Gepäck mitführt. Man tut gewiß gut daran, Vorsicht walten zu lassen und erst mal eine deutsche Expertengruppe nach Rumänien zu schicken, um das Terrain zu sondieren. Einen Vertrag über die deutsche Minderheit sollte man keinesfalls überbewerten. Er wäre natürlich auch heute noch sinnvoll. Doch sollte man nicht übersehen, daß die noch gebliebenen Deutschen kaum in der Lage sind, ein geschlossenes Gemeinschaftsleben aufrechtzuerhalten.
Der damalige Bundesaußenminister Willy Brandt sagte am 30. Januar 1967 anläßlich seiner Tischrede zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Republik Rumänien in Anwesenheit des rumänischen Außenministers Corneliu Mănescu: "Einst wirkten deutsche Handwerker am Aufbau einer eigenständigen rumänischen Wirtschaft mit. Damals sagten die Rumänen, die zum Handwerker gingen: <Ich gehe zum Deutschen>". Zwischen damals und heute liegt ein gescheitertes Gesellschaftssystem mit seinen verheerenden Folgen. Zu diesen Folgen gehört auch das unwiderrufliche Ende der deutschen Volksgruppe auf rumänischem Staatsgebiet.
Dieser Tatsache sollten deutsche Unterhändler und auch hochrangige Politiker bei ihren Verhandlungen mit rumänischen Kollegen immer Rechnung tragen.
Mark Jahr
aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 13. Januar 1991

Donnerstag, 29. November 2012

Trachtenball in Giarmata=Jahrmarkt


Am 22. Jänner veranstaltete die Giarmata=Jahrmarkter Jugend im Kollingschen Gasthause, verbunden mit einer Ahnenfeier, ihren diesjährigen schwäbischen Trachtenball. Es war ein farbenfrohes Bild, als unter der Leitung des unermüdlichen Lehrers Franz Hartmann die 52 Trachtenpaare, voran die vorjährige Vortänzerin Margarete Loris, geführt von dem ersten Geldherrn Michael Rückert, mit dem auffallend reich geschmückten Rosmarinstrauß, in den vollbesetzten Saal einzogen. Als die Königshymne und die schwäbische Hymne verklungen waren, folgte in würdiger und feierlicher Weise eine überaus stimmungsvolle Ahnenhuldigung. Nachher gedachte der erste Geldherr unserer Ahnen, die mit so schweren Opfern dies blühende Heimatland geschaffen haben. Der zweite Geldherr Hans Haas sprach heitere Verse, in denen er die Gäste zur Versteigerung des Vorstraußes aneiferte. Den Strauß ersteigerte Mühlenbesitzer Georg Beha und überreichte denselben der Vorsitzenden des Mädchenkranzes Margarete Harnischweger. Bei der Trachtenkonkurrenz erhielt den ersten Preis, ein lichtblaues Seidenkleid, gespendet von der Firma Viktor Wagner, Timisoara=Temeswar, Käthe Harnischweger, den zweiten Preis, ein schönes Seidenkopftuch, gespendet von der Firma Schiller und Loris, Timisoara=Temeswar, erhielt Anna Bannert, den dritten Preis, ein vernickeltes Bügeleisen, gespendet von der Firma Thellmann, Timisoara=Temeswar, erhielt Marianne Blaßy, den vierten Preis, einen Viktoria=Suppentopf, ebenfalls von der Firma Thellmann gespendet, erhielt Elisabeth Haas. Die Deutsche Buchhandlung spendete für den schönstgeputzten Hut das Buch "Der große Schwabenzug", welcher Preis dem zweiten Geldherrn Hans Haas zufiel. Da die Abstimmung durch die Eintrittskarten erfolgte, fand dies allgemeinen Beifall, da wirklich die schönsten Trachten ausgezeichnet wurden. Allen den werten Gästen, die Überzahlungen leisteten und den liebenswürdigen Spendern der Preise, die den Ball auch mit ihrem Erscheinen beehrten, und allen denen, die an den Vorbereitungen Teilgenommen haben, sei auch auf diesem Wege herzlichst gedankt. Der Reingewinn wird für Gemeindezwecke verwendet. Die Musik besorgte die Lorissche Musikkapelle.  
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Loris-Kapelle, Jahrmarkt in den 1930er Jahren
- stehend v.l.: Jakob Haas, Mathias Jost (Hannese Matz), Peter Tasch, Hans Potche, Josef Scheuer (Scheier Joschka), Sebastian Marx (Pichler Pascht), Josef Windrich, Peter Hellebrand, Michael Kassnel, Anton Linz, Johann Loris (Fitzigoi); sitzend v.l.: Anton Krämer ( Berns Toni), Michael Kumaus, Georg Tasch, Johann Kaszner (Safer), Peter Loris - Kapellmeister, Franz Jost (Windrichs Franz), Mathias Loris (Turmann Matz), Peter Schmidt, ... ..., Heinrich Till (Kette Hennrich); vorne v.l.: Heinrich Schöntal, Mathias Loris, Michael Ebner (Kaschper Michl)



aus BANATER DEUTSCHE ZEITUNG,Temeswar, 29. Januar 1938

Montag, 26. November 2012

Ein Zweiglein sucht Lebensraum

Das Zweiglein. Anthologie junger ungarndeutscher Dichter. Donau-Bücher. Tankönyvkiadó, Budapest 1989. Preis: 49,- Ft. Erhältlich in Buchhandlungen größerer Städte und Touristenzentren Ungarns.

Das Zweiglein brach ab. Niemand sah es, nur der Gärtner. Die Adern pumpten noch Blut bis zur Wunde. Aber das Zweiglein wurde immer dürrer. Und der Gärtner war traurig." Trotzdem scheint das ungarndeutsche Literaturzweiglein zu sprießen. Natürlich braucht es Pflege, um zu einem gesunden Ast heranzuwachsen. Es braucht aber auch Konsumenten, damit seine heranreifende Ernte nicht sinnlos am Boden verfault. Es wäre schade um die frischen Früchte der deutschen Literatur in Ungarn, denn wer sie gekostet hat, wird sie mit Recht schmackhaft finden. Wie ein Körbchen, gefüllt mit genüßlichen Obstarten, mutet Das Zweiglein - Anthologie junger ungarndeutscher Dichter an.
Der allzu früh verstorbene Claus Klotz sinniert in seinen kurzen Texten über die Kurzlebigkeit, aber auch Kurzatmigkeit seines Deutschtums. Seine Assoziationen gebrochenes Zweiglein - gebeugter, aber nie resignierender Volksstamm sind auch bei den anderen Dichtern unter verschiedenen poetischen Formen spürbar. 
"Denkwürdige Tage im privaten Frühling" sind die Tage vor ihrer eigenen Geburt. Valeria Koch (geb. 1949) findet nicht nur in diesem Kurztext über das Gefühl zu einer wohlklingenden Sprache. Auch ihre Gedichte vermitteln die unmittelbare Beziehung Gemüt-Umwelt in Formen, denen Reim und Rhythmus noch nicht ganz abhanden gekommen sind.
"Unser Morgen wirbelt / für Trost am dritten Tag, / - Zukunft ist / die angebotene Möglichkeit." Des Grundschullehrers Bela Bayer (geb. 1951) Gedichte sind nicht länger. Aber wozu mehr Worte? Die Botschaft des bewußten Seins in einer Heimat, in die man schicksalsgemäß hineingeboren wurde, ist klar erkennbar.
Unwegsam und tränenträchtig waren die "Wege durch Schluchten" im Juni 1947. Auch für den acht Jahre später geborenen Josef Michaelisz ist Flucht und Vertreibung kein Schnee von gestern. Ohne die beiden furchtbaren Wörter zu benutzen, gewinnt er flugs die Sympathie des Lesers für die Helden seiner Erzählung.
Laszlo Ritzel (geb. 1956) ist auf der Suche nach den Polen seiner Identität: "Ich weine lachend / Ich bin ein Clown."
Bei Martha Fata (geb. 1959) hat man als Leser seine Schwierigkeiten mit der Analyse ihrer Gedichte. Wie soll man sie interpretieren? Sie gefallen einfach.
"Ich suche dich nicht / suche ich dich nicht? / dich suche ich nicht / nicht dich suche ich?" Auf diese Art und Weise geht es noch weiter mit den "Permutationen" des dichtenden Lehrers Alfred Manz (geb. 1960). So schön kann ein deutsches Sprachexperimet mit der Ebenheit der Puszta sein.
Also wenn das nicht heimisch klingt: "Was koche mr haint, ma Madl? Soll i o paar Pflute oder Pfannkichl mache?" Solche Mundartdialoge in "Tornisterlos" verraten die donauschwäbische Erzählung; Dialoge, die ihre Autorin Eva Gerner (geb. 1961) im Elternhaus genoß.
Der junge Seelsorger der methodistischen Kirche, Robert Hecker (geb. 1963), ging mit sich selbst hart ins Gericht, als er mit seiner jüngsten Vergangenheit reinen Tisch machte: "Beschützt hat uns die Nacht / erwürgt haben wir uns selber; / wir, die das Licht / scheuten."
Erst 23 Jahre alt ist Vata Vagyi und was er schreibt, ist Literatur für starke Nerven. Edgar Allan Poe läßt grüßen. Schade, daß der Germanistikstudent der Fünfkirchner Universität nicht in einer deutschen Kulturmetropole lebt und schreibt. Sein Weg ins Literaturrampenlicht wäre bestimmt leichter.
Viel Sensibilität für die Natur und Abwehrinstinkte für die sie bedrohenden Gefahren  entwickelt trotz seiner Jugend Robert Becker (geb. 1970) aus Surgetin/Szederkeny: "Die Militärflugzeuge / weben gerade / das Kondensstreifennetz. / Und meine Gedanken / hängen schon daran."
Die von der ungarischen Nachrichtenagentur MTI herausgegebene zweisprachige und besonders in den ungarischen Touristikzentren vertriebene Zeitung NEUESTE NACHRICHTEN - DAILY NEWS hat in ihrer Ausgabe vom 8. August 1990 eine Rezension zu diesem Buch, gezeichnet mit Gregor Mayer, veröffentlicht, worin es unter anderem heißt: "Der Fortbestand des Schätzungen zufolge 200.000 Seelen starken Ungarndeutschtums hängt am sprichwörtlich seidenen Faden. Nach dem Krieg verfolgt, dann lange Zeit gerade geduldet und erst in den letzten Jahren zaghaft gefördert, droht den Ungarndeutschen als Ethnikum die Assimilation. Umso erfreulicher ist es dann, wenn junge Schriftsteller der zweiten und dritten Generation nach 1945 mehr als ein Zeichen bloßen Existierens signalisieren. Die in dem jüngst erschienenen, von Johann Schuth redigierten Bändchen Das Zweiglein präsentierten Autoren sind zwischen 1947 und 1970 geboren, stammen größtenteils aus dem Süden des Landes, wo Pecs/Fünfkirchen als kulturelles Zentrum mit dem entsprechenden institutionellen Hintergrund wirksam wurde, versuchen sich mit Vorliebe in der Lyrik, bevorzugen in der Prosa die kurzen Formen und verfügen über ein formales und stilistisches Repertoire, das sich aus der gründlichen Aneignung neuester Entwicklungen in der binnendeutschen Literatur speist."
Mark Jahr

aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 6. Januar 1991

Montag, 19. November 2012

Varflixti Löcha


Täs Loris-Kapelle-Konzert, mit teni wundeboan Musikantn vun Joarmark, is in Oabaitaheim großartig ausgfalln. Ta Saal woar bumsvoll unt mit teni Einschubstühle woarn ieba 900 Leit im Saal gwesn. Tea Saal hat ringsumatum 10 Türn fia nein und raus gehn. Aba wie täi Vuarstellung aus woar habn die 700 Leit vun Parterr nur turch aana Tür in Hof rausgehn tearfn, und tuart woar ter Teifl los. Draust im Hof woar stockfinsta unt tazu ta Weg noch voula tiefi Löcha mit Wassa unt mit Morast. Tu lieba Himmel, a jeda hat ta drieba tappn müssn, ohni pardon und man hat drunt unt drüba jammern gheart. Unt des alles wegn tie abgspeartn Türn, was a boushaftigi Dienstfrau im blauen Kittel nit aufspearn hat wolln. "So a Schweinarei, warum is ta ka Licht?" - "Nit fragns so tepat, wegan Spoarn, habns nit gsehn, aach bei da Vuarstellung af ta Bühn is tes Licht aach e 10mal ausgangen." - "Räisi, wu bist ten?" - "Franzi, woart mich, ich schwimm zu tir!!!" Tes Oabaitaheim woar früha a Schmuckstickl gwesn.
Franz Kehr  
aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, 23. März 1978

Mittwoch, 14. November 2012

Falsche Versprechungen


Die neokommunistischen Machthaber in Bukarest haben bei ihrem Machtantritt ihre Untertanen mit einer Flut von Versprechungen eingedeckt. Einige von diesen Demokratie vortäuschenden Ankündigungen wurden ganz gezielt in Richtung Weltöffentlichkeit ausgestrahlt. Besonders die Nachricht, daß alle Exilrumänen und auch ausgesiedelte Deutsche als Heimkehrer nicht nur geduldet, sondern sogar willkommen sein werden, hat ihren Effekt im Ausland nicht verfehlt. Die Frage nach der Rückkehr der Rumäniendeutschen in das Ceauşescu-freie Rumänien schwebte nicht nur in der Luft, sie wurde hierzulande auch konkret an Betroffene gestellt. Daß es als Antwort ein entschlossenes "Niemals" gab, mag so manchen Fragenden verwundert haben. Wie recht die Befragten mit der absoluten Negation ihrer Rückkehr hatten, beweisen die Schicksale der wenigen Exilrumänen, die in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Nicht nur prominente Intellektuelle, die ihre im Exil erlangten Demokratieerfahrungen in einem freien Rumänien in politische Aktivitäten umsetzen wollten, wurden verschmäht, verprügelt oder überhaupt nicht ins Land gelassen; auch einfache Bürger, die unter der alten Diktatur ins Ausland geflüchtet waren, werden nicht, wie von Iliescu und Kumpanen angekündigt, herzlich willkommen geheißen. Im Gegenteil: sie sind ungeliebte Demokratiekeime in einer weiterhin totalitär beherrschten Gesellschaft. Wer direkten Kontakt mit der freien Welt hatte, wirkt im Körper des neuen rumänischen Absolutismus wie ein unberechenbarer Krankheitserreger, der gefährliche Freiheitssymptome hervorrufen könnte. Mittlerweile hat man schon  die verschiedensten Abwehrmethoden gegen diese unliebsamen Parasiten, die im Westen Kaviar genossen, während die Wendehalsgenossen mit dem Volk in der Lichtära (trotz bereits vergessener Parteikantinen und -läden) litten, entwickelt und auch erfolgreich eingesetzt.
Der Ingolstädter DONAU-KURIER berichtet in seiner Ausgabe vom 14./15. Juli 1990 über das Heimkehrerschicksal der Familie Cornelia und Ioan Muntean aus Sebeş (Siebenbürgen). Das Ehepaar ist im September 1989 aus Rumänien geflüchtet und stellte in Ingolstadt einen Antrag auf politisches Asyl. Das Heimweh und die Dezemberrevolution in Rumänien hinterließen verständlicherweise tiefe Spuren in den Seelen der heimatlosen Menschen. Iliescus Propagandaruf war ein verheißungsvoller Lichtblick in ihrem ungewissen Asylantendasein und sie kehrten heim. Die Ernüchterung in der Heimat ließ nicht lange auf sich warten. Der DONAU-KURIER zitiert die 41jährige Heimkehrerin mit folgender Aussage: "Es war schrecklich. In unser Haus durften wir nicht mehr, der Bürgermeister erklärte uns schriftlich, daß es in Sebeş keine Wohnung für uns gibt. Weder mein Mann noch ich bekamen eine Arbeitsstelle. Freunde und Verwandte forderten uns auf, wieder nach Deutschland zu gehen. Sie fragten uns, was wir hier überhaupt wollen. Alle Türen waren zu... Die Beamten rieten uns, einen Asylantrag für Rumänien zu stellen. Wir hatten plötzlich keine Heimat mehr. Es gibt kein Zurück." Jetzt ist das Ehepaar wieder im Ingolstädter Asylheim. Eine vier Monate dauernde Odyssee in die rumänische Heimat ist mit schmerzhaften Erfahrungen zu Ende gegangen.
Wie wird es wohl einem "neamţ" (Neamz) ergehen, wenn der zurückkehrt? Sollte gerade er von der Nomenklatura ans Herz gedrückt werden? Bestimmt nicht! Also scheint es auch hier sinnlos, den eingleisigen, unumkehrbaren Weg der Geschichte stören zu wollen.
Anton Potche

aus BANATER POST, München, 5. Januar 1991

Montag, 12. November 2012

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 27

E Schwein, des wu gut sauft, brauch wenich zu fresse.
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Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999)

Montag, 5. November 2012

Musikabende der Loris-Kapellen


hst.  Temesvar. - Die Jahrmarkter Loris-Kapelle bot Samstag und Sonntag je einen Musikabend. Mit den beiden Konzerten wurde eine Reihe von Veranstaltungen eingeleitet, die die Loris-Kapelle anlässlich ihres 70jährigen Bestehens (8. August) organisiert. Die Konzerte wurden mit dem Marsch "Gruß aus Jahrmarkt" eröffnet, den der Gründer der Kapelle, Peter Loris, komponiert hat. Die 45 Bläser boten ferner Fragmente aus der Operette "Crai Nou" von Ciprian Porumbescu, die Ouvertüre "Hans Heiling" von Heinrich August Marschner, den Walzer "Gold und Silber" von Lehar und den Marsch "Semper Fidelis". Viel Erfolg hatten auch das 18 Mann starke Unterhaltungsmusikorchester und die Solisten Michael Tritz, Peter Pfeifer, Annemarie Loris, Erna Mathis, Hans Eichinger, Mathias Bild und die Geschwisterpaare Eva & und Mathias Stefan sowie Marlene & Josef Tritz. Die Ansage besorgte Franz Frombach. Die Gesamtleitung des Programms hatte Mathias Loris jun. inne.

aus NEUER WEG, Bukarest, 2. Februar 1978

Montag, 29. Oktober 2012

Zwischen Heimat und Heimat


Großvater ruht in Heimaterde,
Tausend Kilometer östlich von hier.
Großmutter ruht in Heimaterde,
Tausend Kilometer westlich von ihm.
 
Ein Bild von beiden
Ziert sein Grab,
Tausend Kilometer
Östlich von hier.
 
Blumen für beide
Zieren ihr Grab,
Tausend Kilometer 
Westlich von ihm.
 
Das Jahrhundert der Gräber
Geht langsam zur Neige.
Zwischen Heimat und Heimat
Wachsen endlose Weiten.
 
Anton Potche


aus BANATER POST, München, 5. Januar 1991

Montag, 22. Oktober 2012

Musikantenfest in Jahrmarkt


PZ - Jahrmarkt. Das traditionelle Festkonzert der Kaszner-Kapelle wurde am Samstag abgehalten und von der Blaskapelle eröffnet. Die 36 Bläser (jüngster Walter Schwarz, 11 Jahre, ältester Hans Grund, 37) unter der Stabführung von Hans Kaszner senior und junior boten Märsche und die Konzertstücke "Trompetenkapriole" - Solist Helmuth Kaszner - und "Die verliebte Posaune" - Solist Hans Kaszner jun
Das Kinderorchester spielte zwei Walzer. 
Im zweiten Teil wurden Schlager dargeboten. Das 17 Mann starke Orchester erwies sich als gut eingespielter Klangkörper. Als Solisten traten auf Magdalena Ebner, Waltraut Griesz, Hans Kilzer, Michael Hügel, Hans Kelter, Niki Müller und die beiden "Showmen" Hans Kaszner jun. und Josef Stritt, deren Gesangseinlagen zum Höhepunkt des Abends wurden.
Gut gefiel die Jazzgruppe (Hans Kaszner jun., Posaune, Helmuth Kaszner, Trompete, Anton Potche, Akkordeon, Josef Stritt, Klarinette, und Hans Loris, Schlagwerk).
Mit der Beatgruppe und den Solisten Eva Picklor, Brigitte Agoston, Hans Kaszner jun. und Josef Stritt klang der Abend aus.
Die Ansage besorgten Renate Reith und Anton Potche, heitere Einlagen in Jahrmarkter Dialekt brachte Mathias Kelter.

aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, 17. Januar 1978

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Egerland - Banaterland

Ernst Mosch
    "Rauschende Birken träumen von der Zeit, der glücklichen Zeit..." In Heide und Hecke schlugen die Herzen höher und Tänzerpaare glitten über die Tanzflächen, wenn diese Walzermelodie erklang. Es waren die ausklingenden 50ger Jahre, als Ernst Mosch und seine Original Egerländer Musikanten ihren bis heute andauernden Siegeszug durch Konzerthallen und Plattenstudios begannen.
   Die Botschaft, die die "Heimatblasmusik" von Ernst Mosch verkündete, fiel im Banat auf fruchtbaren Boden. Wer kann heute, nach 30 Jahren, mit Sicherheit sagen, welches Gefühl damals beim Erklingen Egerländer Weisen die Gemüter bewegte. War es die viel beschworene Heimatliebe unserer Landsleute oder war es schon Fernweh nach neuen Heimatgefilden? Es war wohl beides zugleich. Gewiß ist, daß es zwischen Marosch und Donau keine schwäbische Blaskapelle gab, die nicht auch Stücke aus dem Egerländerrepertoire spielte.
Hans Kaszner. jun.

   Der heimliche Traum vieler Musiker ging für den Jahrmarkter Hans Kaszner jun. in Erfüllung. Er spielt bei Ernst Mosch und seinen Original Egerländer Musikanten Tenorhorn, eben das Instrument, das schon sein Großvater hervorragend beherrschte und auf dem sein Vater, der Jahrmarkter Kapellmeister Hans Kaszner sen., Solistenqualitäten bewiesen hat. Die Banater Blasmusikschule, mit ihren zahlreichen Musikanten und talentierten Kapellmeistern der letzten Jahrzehnte, erlangt durch dieses Engagement höchste Anerkennung. Auch sein Bruder Helmuth Kaszner, ein Virtuose auf der Trompete und dem Flügelhorn, wird voraussichtlich ab Herbst dieses Jahres bei den Original Egerländer Musikanten musizieren.
   Der gewaltsame Tod der Blasmusik im Banat nimmt aber nicht nur auf den bevorstehenden Generationswechsel in der berühmtsten und erfolgreichsten Blaskapelle der Welt einen befruchtenden Einfluß. Die Banater Heimatblaskapellen und die aus dem Banat kommenden Berufs- und Laienmusiker, die sich haupt- und nebenberuflich der Musik, die ihnen in ihren Heimatdörfern mit in die Wiege gelegt wurde, verschrieben haben, setzen spürbare Akzente im deutschen Blasmusikgeschehen. 
Anton Potche
aus BANATER POST, München, 10. Dezember 1990

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Aus unseren Banater Dörfern

Kerwei, Musik, Feuerwehr
... ...
Seite 68
Jahrmarkt
Kerwei: Zwischen dem 14. Mai und dem 10. Juni
Vortänzerpaare: '76: Erika Zerwes - Hans Loris / Ingrid Herz - Josef Loris
Kapellmeister: Matthias Loris sen. und jun., Hans Kaszner
Feuerwehr: Kommandant Hans Loris / Stellvertreter Franz Nower
 ... ...

Seite 69
Prof. Matthias Loris, Jahrmarkt, erzielte mit seiner Blaskapelle (im Bild) und dem Unterhaltungsmusikorchester bei der Landesphase des Festivals "Cîntarea României" einen I. bzw. III. Preis

Foto: Luzian Geier





aus PIPATSCH-KULENER FORS JOHR 1978, Temeswar, 1977

Montag, 8. Oktober 2012

Der Wendehals

Das Wesentliche eines Namens
Was ist ein Wendehals? Vor einem Jahr hätte die Mehrheit von uns noch mit einem unwissenden Achselruck auf diese Überrumpelungsfrage reagiert. Man muß schon ein Naturfan oder gar Ornithologe sein, um auf Anhieb darauf zu antworten. Das ist auch keineswegs verwunderlich, wenn man bedenkt, daß die Vögel, die ihre Köpfe samt Schnabel um 180° drehen können, ja nicht so zahlreich wie die Spatzen durch die Gegend fliegen.
In einem Vogellexikon ist unter anderem auch folgendes über den Wendehals zu lesen: "Etwas über Sperlingsgröße; GL 16,5 cm, Gewicht 30 - 39 g. Höhlenbrüter. Spechtartig im Verhalten und im Körperbau, so mit Kletterfuß und Leimrutenzunge ausgestattet, aber ohne Stützschwanz und Meißelschnabel. Gefieder weich, eulenartig, rindenfarbig mit Wellenzeichnung (Schutzmuster). Unauffällige, nirgendwo ausgesprochen häufige Vögel. Eine Gattung mit zwei Arten: Braunkehl-Wendehals (Jynx ruficollis) in Afrika und Europäischer Wendehals (Jynx torquilla) in Europa und Asien."
Ein eigentümliches Kopfpendeln, das als Abschreck- und Balzbewegung dient, hat diesem Vogel zu seinem volkstümlichen Namen verholfen. Der Vogelforscher v. Lucas beschreibt dieses Verhalten wie folgt: "Er breitet den Schwanz aus, reckt den Hals in die Höhe, sträubt die Kopffedern und führt dann mit Hals und Kopf eigentümliche Verrenkungen aus, indem er den Hals einzieht und vorschnellt oder seitlich hin und her dreht." Dabei zischt der Vogel vernehmlich. Das erhöht die "schlangenartige" Wirkung dieses Gebarens erheblich. Bei der Nahrungssuche beutet der Wendehals erst eine Fundstelle - etwa ein Ameisennest - gründlich aus, ehe er zur nächsten fliegt. Mit seiner Leimrutenzunge ist er hervorragend zum Ameisenfang befähigt... In letzter Zeit nimmt der Bestand der Wendehälse bei uns ab. Nach den Angaben von H. Menzel erleidet die Art in den Durchzugsgebieten Verluste durch Abschuß.
Der Wendehals wurde, wie viele seiner Vogelgenossen, in den letzten Jahren tatsächlich immer seltener, und daß er in diesem nicht gerade vogelfreundlichen Jahrhundertausklang auch noch zu kaum überbietbarem Ruhm gelangen würde, ließ sich der optimistischste Vogelfreund wohl kaum erträumen. Natürlich hat der alles Leben auf diesem Planeten beherrschende Mensch ihm zu dieser Ehre verholfen.
Die menschliche Gesellschaft zeugt durch ihre Dialektik immer neue Menschenspezies. Diese werden ihren äußerlichen und charakterlichen Erscheinungen gemäß getauft. Weil des Menschen Naturbekenntnis gerade eine lobenswerte Renaissance erlebt, lag bei der Geburt der jüngsten Menschenart nichts näher auf der Hand, als ihr einen Namen aus der strapazierten und viel bedauerten Umwelt zu geben. Menschen-Wendehals heißt die gesellschaftliche Mißgeburt, die der Zufall in der Sterbestunde des Sozialismus noch in die Welt gesetzt hat.
Der Menschen-Wendehals kann zwar seinen Kopf mit Schnabel nicht um 180° drehen; er würde sich dabei das Genick brechen, was ja auch kein großes Malheur wäre; um so schneller kann er aber seine Gesinnung mit Schnabel drehen. Ob er dabei anderen Menschen großen Schaden zufügen kann, ist eher unwahrscheinlich. Als besonders gefährlich muß man ihn also nicht unbedingt einstufen. Die spektakulären Gesinnungswendungen dienen vorwiegend parasitären Zwecken oder sie sind ein Auswurf seiner Feigheit. Dieser ungefiederte Wendehals hat sich mittlerweile über ganz Europa ausgebreitet, und wie jedem Kleinkind schenkt man auch ihm die gebührende Aufmerksamkeit.
Wenn wir unser gestriges Leben nur im Schnellauf Revue passieren lassen, so werden wir ebenso schnell auch dem einen oder anderen Menschen-Wendehals begegnen, denn der ist nun mal überall dort, wo die Geschichte ackert. Wir müssen unseren alten Bekannten ja nicht unbedingt öffentlich bloßstellen oder gar richten. Diese billige Genugtuung können wir uns ruhig sparen. Dem Zeitgeist gemäß sollten wir ihn aber doch entsprechend beachten und ihm sagen, daß wir ihn kennen.
Aus dieser Perspektive betrachtet, kann Kind-Wendehals getrost weiterflattern. Als Erwachsener wird er bestimmt nicht mehr beachtet. Und es wird ihm auch nicht besser gehen als seinem aussterbenden, befiederten Namensvetter.
Anton Potche

aus BANATER POST, München, 10. Dezember 1990

Montag, 1. Oktober 2012

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 26

Es gebt meh Hunne, die wu Stutzi  haaße.
☻     ۩     ☺
Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999)

Montag, 24. September 2012

Streiflichter


(Seite 12) ... ... ...
Im Kreis Temesch beteiligten sich 1406 Laienkunstformationen an der Endphase des Wettbewerbs "Preis dir, Rumänien". Von den 92 deutschsprachigen Laiengruppen waren 25 Blasmusikkapellen, 16 Theatergruppen, 18 Volkstanzgruppen, 33 Formationen mit thematischen Tänzen und 8 Chöre beteiligt. Mit ersten Preisen wurden die Theatergruppe aus Neupetsch (geleitet von Hans Neumann), die Blaskapelle aus Jahrmarkt (Dirigent: Matthias Loris), das Unterhaltungsmusikorchester aus Jahrmarkt, das Volksmusikquintett aus Großsanktnikolaus, eine Frauensinggruppe aus Pişchia und das Folkloreensemle aus Sanktandreas (Leitung: Rudolf Wendel) ausgezeichnet.
... ... ...

aus VOLK UND KULTUR, Bukarest, Mai 1977

Donnerstag, 20. September 2012

Schließlich zählen auch unsere Stimmen


Wer eine Reise durch die "deutschen" Dörfer des Banats unternimmt, wird als erstes erkennen, daß die Bezeichnung "deutsch" für keine der besuchten Ortschaften mehr zutreffend ist. Man findet in keinem Dorf mehr eine noch intakte "deutsche" Lebensgemeinschaft vor. Wo sind denn die Menschen, die das Aussehen dieser Dörfer einst gestaltet haben und das Kulturleben prägten? Wo sind denn die rumäniendeutschen Aussiedlermassen, die den materiellen Wohlstand und den sozialen Frieden im Saarland und in der Bundesrepublik gefährden? Sie sind vom Winde der Geschichte verweht; und zwar dorthin wo sie den geschichtlichen Ereignissen dieses Jahrhunderts gemäß hingehören: zurück zum eigenen Volk.
Wem gelten dann die immer wieder  vorgebrachten Durchhalteparolen, daß man alles unternehmen müsse, um das Bleiben der Rumäniendeutschen in ihrer angestammten Heimat zu ermöglichen? Die muten eher wie gutgemeinte Beschwichtigungsversuche an, um die von einigen Kollegen oder Genossen angeheizte Aussiedlerdiskussion nicht doch noch zum Wahlkampfthema ausarten zu lassen.
Sachliche, von politischer Weitsicht und Geschichtskenntnissen geprägte Aussagen von Politikern zum Aussiedlerthema allgemein und zu den Deutschen in Rumänien im besonderen haben Seltenheitswert. Es flößt einem doch Hochachtung ein, wenn man liest, daß Bayerns Sozialminister Gebhard Glück (CSU) in der heißesten Phase des bayerischen Wahlkampfes, in eben dem Haus, das seit Jahrzehnten für die Deutschen aus Rumänien  das Tor zur alten-neuen Heimat darstellt - die Durchgangsstelle für Aussiedler in Nürnberg - unverblümt zugibt, daß die Auswanderung der Deutschen aus Rumänien spätestens im nächsten Jahr beendet sein wird.
Als Kontrast darf man sich getrost einen, gegen ein Minderheitenphantom wetternden Oskar Lafontaine vorstellen. Da muß ein Kenner der Tatsachen sich doch unwillkürlich die Frage stellen, ob er sich bei einer Wahlveranstaltung oder einer Faschingsveranstaltung befindet.
Aber noch sind wir nicht in der entscheidenden Wahlkampfphase für die Bundestagswahl, bei der es keine Gürtellinie mehr gibt. Dürfen wir Aussiedler hoffen, daß wir zumindest in diesem Wahlkampf, wo so große Themen wie "Deutschland, einig Vaterland" und "ein in Frieden vereintes Europa" die politische Szene beherrschen, ungeschoren davonkommen?
Wir hätten die Jahrhunderte im ach so fernen Südosten Europas nicht überlebt, wären wir keine Lebensoptimisten gewesen. Blicken wir also mit gleicher Zuversicht in die Zukunft. Schließlich zählen ja auch unsere Stimmen!
Mark Jahr

aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 28. Oktober 1990

Montag, 17. September 2012

Donnerstag, 30. August 2012

Matthias Loris und seine Bläser


Bei der Schau der besten Formationen des Kreises Temesch, die nach Abschluß der Gemeindephase in Erscheinung getreten sind, gab es für manche eine besondere Revelation: die Blasmusik von Jahrmarkt unter der Leitung des jungen Dirigenten Matthias Loris. Aus ihrem reichen Repertoire wurden eine Reihe von Stücken patriotischen Inhalts, darunter "Partidul, poporul, Ceauşescu" von G. Grigoriu, "Glorios partid" von Mircea Neagu und "Festmarsch" von Josef Klein sowie - außerhalb des Wettbewerbs, auf Wunsch des Publikums - Proben aus der einheimischen Folklore zu Gehör gebracht.
Die Visitenkarte der Jahrmarkter Bläser ist sehr alt und ehrwürdig. Bereits 1834 gab es hier eine Kapelle und schon 1908 stand einer aus der "Loris-Dynasie" am Dirigentenpult. Auf den ersten, Peter Loris, folgte Ignatz Loris, sodann Matthias Loris senior und schließlich Matthias junior, der jetzige Dirigent, der junger Absolvent des Konservatoriums GHEORGHE DIMA  von Cluj-Napoca ist.
 Das Leistungsregister der heutigen Bläser kann sich sehen lassen: 1970, beim ersten Landesfestival der Blasmusik in Alba Iulia, wurden die Jahrmarkter mit dem ersten Preis ausgezeichnet; 1974 wurde ihnen beim Wettbewerb der Theater-, Musik und Tanzformationen zu Ehren des dreißigsten Jahrestags der Befreiung die Goldmedaille zugesprochen.
Selbstverständlich beschränkt sich die Aktivität der Jahrmarkter Bläserkapelle nicht allein auf die Beteiligung an Wettbewerben wie auf deren Vorbereitung; der weitaus größere Teil des Musikmachens gilt dem Publikum, den vielen hiesigen Freunden der Blasmusik. Jährlich geben die Jahrmarkter in ihrem Heimatort wie in den Nachbargemeinden nicht weniger als 30 Konzerte, die sich eines guten Anklangs und eines nicht weniger guten Zulaufs erfreuen.
Für jene, die bei der letzten Etappe des Landesfestivals "Preis dir, Rumänien" dabei waren, konnte es keine Überraschung sein, daß die Bläser unter der Leitung des Jüngsten der Loris in der Kreisphase den ersten Platz errangen und dazu ausersehen wurden, an der Zwischenkreisphase Mitte Mai teilzunehmen. Wir können den Musikanten von Jahrmarkt nur guten Erfolg wünschen.
Ion Dumitraş


aus VOLK UND KULTUR, Bukarest, Mai 1977

Dienstag, 28. August 2012

An die Freude


Operation gelungen - Patient tot. Ein Staat wurde zu Grabe getragen (gefeiert) und das merkwürdigste Begräbnis der Menschengeschichte wurde zu einem der größten Medienspektakel der Neuzeit. Der Totenschmaus begann lange bevor  die Glocken den Untergang besiegelt und den Neuanfang eingeläutet hatten. Tränen waren nicht gefragt. Die waren schon Monate vorher vergossen worden, und auch sie waren damals kein Ausdruck der Trauer, sondern ein Opfer des Dankes "an die Freude".
Natürlich wäre es höchst unanständig, sich angesichts des Todes zu freuen. Das taten die Deutschen am 3. Oktober 1990 auch nicht. Ihre eher verhaltene Freude galt ausschließlich der dem Tode der DDR folgenden Vereinigung. Die Deutschen-Ost waren zu sehr mit ihren Alltagssorgen belastet und den Deutschen-West saß die Angst um die von Schwarzmachern an die Wand gemalten Opfergänge für die Einheit im Nacken, um uneingeschränkte Freudengefühle dominieren zu lassen.
Der goldene Mittelweg zwischen Trauer und Freude war ein festliches Gleiten in eine neue Zeit. Sekt, Bier, Musik und Feuerwerke gehörten nun mal zu diesem Totenschmaus-Geburtstagsfeier-Staatsakt.
Was den ersten "Tag der Deutschen Einheit" aber am nachhaltigsten geprägt hat, war die Atmosphäre in den mit Blumen geschmückten Festhallen und Konzertsälen Deutschlands. Man war sich der Einmaligkeit dieses geschichtlichen Ereignisses jederzeit bewußt. Das Gefühl, aus der Verdammung der Geschichte zu neuem Leben auferstanden zu sein, hat den vorangegangenen Tod eines menschenunwürdigen Staatengebildes zu Recht sehr schnell aus dem Gedächtnis der Menschen verdrängt, obzwar erst dieser Tod die Auferstehung ermöglicht hat.
Nie zuvor ist Ludwig van Beethovens Neunte Symphonie so oft auf deutschem Boden erklungen wie an diesem Tag. Und das mit Recht, denn nie zuvor ist ein Staat von der Landkarte verschwunden, ohne daß Menschen dabei ihre Heimat verloren haben. Beim Verschwinden der DDR haben viele Menschen in Ost und West ein neues Sicherheitsgefühl vermittelt bekommen. Erst jetzt sind die Folgen des Kalten Krieges aus der Welt geschafft und, damit dem Bangen um die angestammte Heimat jede Grundlage entzogen wird, mahnt man den verbindenden Charakter, den Grenzen auch haben können, an. Obzwar geänderte Grenzinterpretationen nicht über auch weiterhin existierende Unterschiede im Lebensstandard der Menschen in Europa hinwegtäuschen können, sind sie eine Gewährleistung dafür, daß Gegner von gestern Partner von morgen werden können.
Man denkt an solchen Tagen, die man als Meilensteine der Geschichte empfindet, an viele Dinge, die oft zu überraschenden Assoziationen führen. Da ist doch wieder dieses Bild der Großväter, die den Sonntagnachmittag beim Kartenspielen verbrachten. Da wurde doch nicht nur gespielt, sondern auch politisiert. Erinnern wir uns mal: "Un ich son eich, des kummt doch soweit." - "Do misse sich awwer es erscht die Russe un die Amerikoner verstehn." - "... Mer werre des nemmi erlewe."
Deutschland, einig Vaterland, war schon vor zwanzig und dreißig Jahren ein selbstverständlicher Gesprächsstoff an den Kartentischen der banat-schwäbischen Dörfer. Das ihnen eigene, als angeboren empfundene Zugehörigkeitsgefühl zum deutschen Volk ließ diese Männer regen Anteil am schmerzhaften Schicksal Deutschlands nehmen.
Die meisten von ihnen haben ein in Freiheit geeintes Deutschland nicht mehr erlebt. Die Gesinnung unserer im Banat ruhenden Väter und Großväter rechtfertigt aber den schnelleren Rhythmus unserer Herzschläge, den wir fühlten, als es am ersten Tag der Deutschen Einheit durch die Lüfte hallte: "Freude, schöner Götterfunken, / Tochter aus Elysium, / Wir betreten feuertrunken, / Himmlische, dein Heiligtum.  //  Deine Zauber binden wieder, / Was die Mode streng geteilt, / Alle Menschen werden Brüder, / Wo dein sanfter Flügel weint."
Anton Potche

aus BANATER POST, München, 20. Oktober 1990

Dienstag, 21. August 2012

Meisterliche Laienkunst

Beobachtungen bei der Zwischenkreisphase des Landesfestivals "Preis dir, Rumänien"  in Temeswar

(Fragment)
(Seite 9) ... ... ...
Der Kreis Temesch, der das größte (deshalb nicht unbedingt gehaltvollste) Programm aufzog, bot mit den Leistungen der Volksmusikensembles der Straßenbahnfabrik (Leitung Ion Odrobet) wie des Timişul-Ensembles (Leitung Laza Cnejevici) und des serbischen Volkskunstensembles (Leitung Tomislav Giurici) nicht zuletzt aber in den Auftritten der monumentalen Blaskapelle von Jahrmarkt (Leitung Matthias Loris) und der ausgezeichneten Militärkapelle "Straja" (Leitung Nicolae Popa) ihre Höhepunkte. Eine ethnographische Rarität der Temescher war der bulgarische Tanz von Dudeşti-Vechi (Leitung Viruzab Sebastian). Ein Festival für sich war der Thementanz der jungen Glasbläser von Tomeşti (Leitung Miloslav Tatarici). Unterstützt durch die Suggestion ihres leuchtenden und klingenden Glases führten sie die Schönheit ihrer Arbeit vor.
Der mangelnde Raum gestattet es nicht, auf alle Einzel- wie Ensembleleistungen einzugehen. Nicht unerwähnt sollen bleiben der farbige Eindruck wie der gute Schwung der schwäbischen Tanzgruppe von Pietroasa (Leitung Aloisia Rapp und Anna Malek), die kultivierte Darbietung des Unterhaltungsorchesters von Jahrmarkt (Leitung Matthias Loris), das harmonische Musizieren des Quintetts von Großsanktnikolaus (Leitung Jakob Hufnagel), der Gesang der Solistin Hedwig Klemens sowie die Darbietung der Rekascher Musikanten um Martin Lutz mit Siglinde Orner (Darowa) als Gesangssolistin.
... ... ...                                                                                                                                                      H.L.

aus VOLK UND KULTUR, Bukarest, Mai 1977