Mittwoch, 15. Februar 2012

Lichterbaum in Darowa

In Teremia gleich zwei Kapellen

Mit 51 Paaren hält diesmal Darowa den Kerweirekord 1972 im Kreis Temesch. Der prachtvolle Trachtenzug wurde von dem Vortänzer Hansi Majores mit Katharina Trautmann angeführt und marschierte im Takt der Beltschak-Kapelle zum Festplatz vor dem neuen Kulturheim, wo der heuer mit einer besonders schönen Krone geschmückte Kerweibaum stand. Eine weitere Besonderheit: Der Baum trug in seiner ganzen Höhe eine Kette bunter Glühbirnen, so dass auch die Nachbardörfer am Abend sehen konnten, dass Darowa sein großes Fest feierte. Die 280 "Rosen" des Straußes wurden einzeln versteigert, den "Storze" (Reststrauß) erwarb der Musikant Robert Scherf. Hut und Tüchel gewannen Josef Bako und seine Frau Susanna, die Entscheidung im Kegelwettkampf um den Bock fällt erst am nächsten Sonntag. (Rudolf Poledna)

Zwei Musikkapellen - die Jahrmarkter Kaszner-Leute für Gassenmusik und die Ortskapelle für den Tanz -, 27 Trachtenpaare und ein prachtvoller Strauß verliehen der diesjährigen Kerwei in Teremia Mare besonderen Glanz. Die Geldherren Herbert Hegel mit Hannelore Paul und Reinhold Lohmüller mit Erika Klasky machten ihre Sache gut. Den Strauß erstand Siegfried Schäffer für Gerda Engelhard, Hut und Tüchel gingen an Wendel Schäffer, während Peter Ochsenfeld mit Los Nr. 999 die "Ortsspezialität", den Kochlöffel, gewann. Das "Auswerfen" des Kerweibocks ist noch in vollem Gange, der Sieger wird erst heute (Dienstag) ermittelt. Und damit steht den Bewohnern des größten Weindorfes der Banater Heide für diese Woche noch ein weiteres Fest, nämlich der "Bockball", bevor.

aus NEUER WEG, Bukarest, 5. September 1972

Montag, 13. Februar 2012

Sinneswandel in Sicht?

Es ist kaum anzunehmen, daß sich beim Anblick der überschäumenden Freudenausbrüche  der ersten DDR-Bürger, die frei die österreich-ungarische Grenze überschreiten durften, jemand Gedanken über die politischen Auswirkungen dieses Ereignisses machen konnte. Wer in jener Nacht die Tränen des Glücks und die hemmungslosen Umarmungen überglücklicher Menschen mit ansah, mußte mitfühlen. Die seit Jahren angestaute Sehnsucht nach Freiheit brach aus den Menschen. Kein Deutscher kann unberührt zur Tagesordnung übergehen, wenn er den Aufschrei der Erlösung vernommen hat, den ein junger Landsmann in das vorgehaltene Mikrofon geschrieen hat: "Wir haben noch zwei Schritte. Dann sind wir frei. Endlich frei!"  
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In den Abendstunden des letzten Septembertages sprach Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher die erlösenden Worte vom Balkon der Deutschen Botschaft in Prag zu Tausenden von DDR-Flüchtlingen: "Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, daß Ihre Ausreise ..." Die letzten Worte dieses Satzes, der über den Äther die Welt umkreiste, gingen im Jubel der Befreiung unter.
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Skeptiker, die befürchteten, daß die Abneigung der Bundesbürger gegenüber den Aussiedlern sich durch die dramatische Umsiedlerwelle verschärfen könnte, sehen sich - zumindest vorläufig - widerlegt. Die SPIEGEL-Umfrage über die politische Situation im Monat September, die vom Bielefelder EMNID-Institut vorgenommen wurde, kam zu der bemerkenswerten Feststellung: "Von 17 auf 38 Prozent stieg der Anteil der Bundesbürger, die alle deutschstämmigen Aussiedler aus dem Osten aufnehmen wollen." 
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Wenn man bedenkt, daß in der Republikanerpolitik die Unterschiede zwischen Ausländer und Aussiedler bis zur Unkenntlichkeit verwischt sind, berechtigen uns die folgenden SPIEGEL-Zeilen zu vorsichtigen Hoffnungen: "Zu den eindeutigsten Resultaten der September-Umfrage gehört eine veränderte Einstellung vieler Bundesbürger zu den rechtsradikalen Republikanern. Monatelang waren die Zahlen für diese neue Partei etwa gleich. Seit Mai 1989 erklärten stets 5 oder 6 Prozent der Befragten, sie würden die neue Partei wählen. 26 bis 31 Prozent fanden, die Stimmung sei für die Republikaner 'besonders günstig'. Und 12 Prozent wollten den Bock zum Gärtner machen und die fremdenfeindlichen Schönhubers 'das Ausländerproblem vernünftig lösen' lassen. Im September haben sich, erstmalig und eindeutig, alle diese Zahlen verändert. Wie zuletzt im April ermittelte Emnid für die rechtsaußen angesiedelte Partei nur einen Wähleranteil von 4 Prozent. Das würde für den Einzug in den Bundestag nicht reichen. Von früher 31 auf 19 Prozent ist die Minderheit geschrumpft, die vermutet, das politische Klima sei der neuen Partei besonders förderlich. Nur noch 5 Prozent der Befragten meinen, die Republikaner seien für das Ausländerproblem am kompetentesten - das sind fast so wenige, wie es Wähler dieser Partei gibt. Und in Schönhuber sehen nunmehr nur noch 16 (statt wie im August 20) Prozent einen Mann mit Zukunft." 
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Bei den letzten Wahlen in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg deuten die Ergebnisse der Republikaner eher auf eine Stabilisierung als auf einen weiteren Höhenflug hin. In Anbetracht dessen kann man das EMNID-Ergebnis als realistisch betrachten. Daß die Aufnahmebereitschaft für Um- und Aussiedler in der bundesdeutschen Bevölkerung gestiegen ist, beweisen aber besonders die Wahlerfolge der FDP, deren prominentester Politiker auch weiterhin Hans-Dietrich Genscher, der hervorragende Regisseur der Prager Ereignisse, ist.
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Auch das ZDF-Politbarometer für den Monat Oktober zeigt, daß die aussiedlerfeindlichen REPUBLIKANER an Boden verlieren. Die Mannheimer FORSCHUNGSGRUPPE WAHLEN stellte für die Ermittlung des Politbarometers auch die Frage: "Welche Partei gefällt Ihnen am besten?" Die Analyse der Antworten wurde auch in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vom 24. Oktober veröffentlicht. Dort heißt es: "Auf diese Frage erreicht die CDU/CSU im Oktober 41 Prozent (8 Prozent mehr als im September), die SPD 39 (-2), die REPUBLIKANER 2 (-4), und alle anderen kleinen Parteien zusammen bleiben unverändert bei 2 Prozent."
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Es wäre natürlich verfrüht, schon jetzt von einer tiefgreifenden und endgültigen Meinungsänderung in der Bevölkerung zu sprechen. Man sollte die von EMNID und der FORSCHUNGSGRUPPE WAHLEN ermittelten Zahlen aber auch nicht als Resultat spontaner Mitleidslaunen der Bundesbürger abtun. Die immer wieder aufflammende Aussiedlerdiskussion hat sicher auch zu einem Lern- und Reifeprozeß im Bewußtsein vieler Deutschen geführt. Die Erkenntnis, daß wir einen "Augenblick" deutscher "Nachkriegsgeschichte" erleben, der auf Dauer unvermeidlich war, scheint die Diskussion über Aus- und Übersiedler merklich zu versachlichen.

Das letzte Kapitel der deutschen Geschichte des 20sten Jahrhunderts muß ein hoffnungsvolles sein, um uns einen makellosen Anfang des folgenden Jahrtausends zu gewährleisten.
Anton Potche

aus BANATER POST, München, 20.November 1989

Dienstag, 7. Februar 2012