Dienstag, 27. März 2012

 Jahrmarkt hat wieder einen Chor

Drei Loris-Kapellen beim Musikfest / Volkslieder, Ouvertüren und Blasmusik im Programm

Von unserem Korrespondenten Walther Konschitzky


Jahrmarkt - Drei Loris-Formationen und zwei Loris-Kapellmeister, der Temesvarer Gastdirigent Josef Klein und der neugegründete Chor des Jahrmarkter Kulturheims traten Samstag und Sonntag zweimal vor ausverkauftem Saal auf. Die Musikfeste der beiden Jahrmarkter Blaskapellen Loris und Kaszner erfreuen sich im Ort schon seit Jahren großer Beliebtheit. Die Kaszner-Formationen werden am 27. und 28. Januar ihre Musikabende veranstalten.

125 Jahrmarkter standen Samstag Abend auf der Bühne. Neben den 85 Loris-Bläsern war nach mehreren Jahren wieder ein Jahrmarkter Chor zu hören. Der erste Auftritt der 25köpfigen Singgemeinschaft mit der Kapelle wurde zum Höhepunkt dieses Abends. Der Musikstudent Matthias Loris hat neun Volkslieder und Linsters "Banater Land" für Chor und Kapelle bearbeitet, und unter seiner Stabführung wurden sie auch mit viel Erfolg dargeboten. Dieses Zusammenwirken des Chores mit der Bläserformation zeigte eine gute Möglichkeit zur abwechslungsreichen Gestaltung der Kulturprogramme und verdient es, von den Formationen anderer Ortschaften wahrgenommen zu werden.

Der Jahrmarkter Chor kam in einer Rekordzeit zustande. Als die Kulturheimleitung zur Mitwirkung aufrief, haben innerhalb von wenigen Tagen mehrere Dutzend Singfreudige zugesagt. Unter ihnen sogar ganze Familien - und zwar die Familien Frombach, Tannenberger und Tritz. Unter den ersten waren auch Josef Marx, Kaspar und Elisabeth Haas, Michael Hügel, Hans Stefan, Hans Kilzer, Mathias Knecht sowie die Jugendlichen Annemarie Adolf, Katharina Geier, Eva Stefan und die Brüder Mathias und Wilhelm Bild. "Wir betrachten den heutigen Erfolg unseres Chores als einen guten Anfang, und wir hoffen, dass sich noch viele Jahrmarkter zu uns gesellen", erklärte Kulturheimdirektor Michael Lukas, selbst Mitglied der jungen Singgemeinschaft.

Loris-Jugendkapelle
Dirigent: Mathias Loris sen.
Die Loris-Musikanten traten mit drei Formationen vor ihr Publikum: Die "Alten", geleitet von Mathias Loris jun. und dem Temesvarer Musiker Josef Klein, brachten die Ouvertüre "Egmont" von Beethoven (für Blasmusik bearbeitet von dem jungen Orchesterchef), die Ouvertüre "Orpheus in der Unterwelt" von Offenbach sowie eine Suite Unterhaltungsmusik von Komponisten verschiedener Strömungen. Die Kinderblaskapelle dirigierte Mathias Loris senior, das Kinderorchester - die kleinsten Loris-Musikanten - Mathias Loris. jun.

Großes Finale
Loris-Blas- und Jugendkapelle
Die erfolgreichsten Nummern des Abendprogramms waren das Eröffnungsstück "Kindermarsch", eine Komposition des jungen Loris, der gemeinsame Auftritt mit dem Chor und der Abschluss des Abends mit den beiden Märschen "Alte Kameraden" und "Junge Kameraden". Hier kam die Kapelle zur Entfaltung, hier sah man, was sie wirklich kann und was ihr wirklich liegt. Schade, dass nicht mehr Blasmusik gebracht wurde.

Prof. Hans Speck, der die Ansage des Programms besorgte, und Kulturheimdirektor Michael Lukas dankten abschließend den 125 Mitwirkenden für diesen Abend. Seitens des "Neuen Wegs" wurde den Loris-Kapellen ein Fotoalbum mit Aufnahmen der Kapelle überreicht, die bei verschiedenen Anlässen von NW-Redakteuren gemacht wurden.

aus NEUER WEG, Bukarest, 9. Januar 1973

Freitag, 23. März 2012

Früchte der Revolution

Es vergeht kein Tag, an dem der Rat der Front der Nationalen Rettung in Bukarest nicht Gesetze und Dekrete aufhebt oder neue bekannt gibt. Die Eile, mit der die neue Gesetzgebung vorangetrieben wird, ist angesichts der chaotischen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Rumänien verständlich. Man will so schnell wie möglich so viel wie möglich vom Erbe Ceauşescus loswerden. Diese Gesetzesflut birgt aber auch Gefahren in sich. Die größte liegt wohl darin, daß in Zukunft nur das für richtig gehalten wird, was vom Rat der Front der Nationalen Rettung gutgeheißen wird  und nur das unternommen wird, was von diesem Rat abgesegnet ist. Die für den demokratischen Anfang so wichtige Eigeninitiative könnte dadurch überhaupt nicht zum Tragen kommen. Es besteht ferner die Gefahr, daß die verhaßten Parteikontrollen in allen Lebensbereichen jetzt den Mitgliedern der Räte der Front der Nationalen Rettung übertragen werden!
In einer Ansprache des neuen rumänischen Regierungschefs Ion Iliescu, die am 7. Januar von Radio Bukarest ausgestrahlt wurde, heißt es: "Die Gründung der Räte der Front der Nationalen Rettung auf allen Ebenen in einer kurzen Zeitspanne hat die Grundlagen der neuen Machtorgane geschaffen, welche zu praktischen Aktivitäten übergegangen sind ... Bei der ersten Begegnung des Nationalen Rates mit den Vorsitzenden der Kreisräte der Front der Nationalen Rettung wurde beschlossen, die Ergänzung und Bestätigung der Räte der Front auf allen Ebenen von unten nach oben vorzunehmen, beginnend mit jenen aus den Wirtschafts- und Sozialeinheiten auf der Grundlage von freien Wahlen der Vertreter aller dazugehörigen Sektoren, aller Kategorien der werktätigen Menschen in die Räte der Front, auf Betriebsebene, Institution, wie auch durch gleiches Verfahren die endgültige Zusammensetzung und Ergänzung der Räte in Ortschaften und Kreisen, durch die Bestätigung und Delegierung aller Mitglieder durch die Arbeitskollektive, aus denen sie kommen, vorzunehmen." Diese schwerfällige Anweisungssprache unterscheidet sich kaum in Form und Inhalt von der bis dahin üblichen Parteisprache.
Auch die Medien in Rumänien scheinen in ihren Berichterstattungen über die Ereignisse im Land andere Schwerpunkte als die ausländischen Reporter zu setzen. Im ÖSTERREICHISCHEN FERNSEHEN wurde am 7. Januar wie folgt berichtet: "Zwei Wochen nach dem Sieg der Revolution wächst das Mißtrauen wieder gegen die neue Führung unter Ion Iliescu. Studenten, Intellektuelle und Vertreter der neuen Parteien stellen zunehmend die Legitimation der neuen Führung in Frage. Die Stimmung an den Universitäten ist geladen. Auch sie, die Jugend des Landes, sagt ein Studentenführer, sei für die Revolution gestorben. Doch zu wenig hätte sich bisher geändert. Noch immer geben die alten Kommunisten den Ton an. ... Alle ehemaligen Kommunisten müßten aus der Regierung verschwinden. Erst dann seien Reformen zu erwarten." Zu derselben Veranstaltung gab RADIO BUKAREST am 7. Januar bekannt: "Am Polytechnischen Institut in Bukarest trafen sich heute morgen Studenten, Mitglieder der freien Gewerkschaft aus diesem Institut, wie auch Vertreter anderer Studentenbewegungen aus der Hauptstadt und aus dem Land zu einem friedlichen Meeting. Die Studenten haben in einem Geiste der authentischen gegenwärtigen Demokratie gefordert, man solle ihnen eine Serie von Forderungen, betreffend ihre Lern- und Lebensbedingungen erfüllen. ... Die Studenten haben ebenfalls gefordert, in der Regierung durch legitime, nach dem Leistungsprinzip demokratisch gewählte Repräsentanten vertreten zu sein."
Viele westliche Beobachter der rumänischen Revolution machen aus ihrer Skepsis über die Erfolgschancen der jüngsten Ostblockdemokratie auch kein Hehl. Man sollte trotz aller Bedenken aber nicht vergessen, daß Demokratie gelernt sein will. Erst wenn das rumänische Volk sich von seinem Schreck erholt hat, wird man sehen, ob die neuen Machthaber Rumäniens es mit der Demokratie ernst meinen, oder die Macht mit altbewährten oder scheindemokratischen Mitteln halten wollen. Trotz aller Unkenrufe muß man den Frauen und Männern um Ion Iliescu auch Sinn für den Freiheitsdrang ihres Volkes bescheinigen. Ebenfalls am 7. Januar verkündete RADIO BUKAREST: "Der Rat der Front der Nationalen Rettung informiert uns, daß er infolge vieler Briefe und Appelle der Bürger, auf der Grundlage der in der Programmplattform enthaltenen Verfügungen ein Dekret für die Paßbehörde ausgearbeitet hat." Schon einen Tag später wurde das Dekret veröffentlicht: "Die einfachen Pässe werden innerhalb von höchstens 20 Tagen nach dem Einreichen des Antrages ausgehändigt."
Es ist mit Sicherheit das Gesetz, vielleicht sogar das einzige, auf das unsere Landsleute im Banat gewartet haben. Die Früchte der Revolution hängen zwar noch sehr hoch, für viele Banater Schwaben sind sie aber greifbar nahe.
Wir wissen alle, daß Meinungen wie "Ich denke, daß eine Veränderung der Lage in Rumänien - das heißt Beseitigung der Unterdrückung, aber auch Chancen der inneren Entwicklung des Landes - viele Deutsche dazu veranlassen wird, ihre an sich schon getroffene Entscheidung, das Land zu verlassen, noch einmal zu überdenken ..." oder "Ich hoffe inständig, daß die Menschen hier in Rumänien wieder für sich und ihre Kinder Hoffnung sehen und daß dann möglicherweise doch weniger ausreisen als bisher beabsichtigten ...", auch wenn sie von so erfahrenen Politikern wie Hans Dietrich Genscher und Otto Graf Lambsdorff stammen, die Realität verkennen.  Wer in seiner Heimat so einsam und fremd ist, wie es die Deutschen im Banat und in Siebenbürgen sind, dem wird die Fremde schnell zur Heimat. Die Kunst, dies zu verstehen, liegt in der seelischen Fähigkeit des Einzelnen, eine solche Tragödie im Geiste nachzuvollziehen.
Anton Potche

aus BANATER POST, München, 20. Februar 1990

Dienstag, 20. März 2012

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 17

Do scheißt doch de Hund meh wie e Nachtigall.
☻     ۩     ☺
Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999) 

Donnerstag, 8. März 2012

Musikfeste in Jahrmarkt

Große Kulturvorhaben für den Winter / Uraufführung eines schwäbischen Singspiels geplant / Von unserem  Korrespondenten Walther Konschitzky

Jahrmarkt. - Die beiden Blaskapellen von Jahrmarkt werden im Januar ihre schon zur Tradition gewordenen Musikantenfeste abhalten. Wie Kulturheimdirektor Michael Lukas mitteilt, sollen die Kapellen ihre Konzert- und Liederprogramme jeweils zweimal aufführen, um allen Freunden der Blasmusik - bekanntlich gibt es hier über hundert Bläser - in der Großgemeinde gerecht zu werden. In Jahrmarkt sollen in diesem Winter außer den Musikabenden noch eine Reihe von Kulturveranstaltungen auf die Bühne gebracht werden.
      Am 6. und 7. Januar wird die Loris-Kapelle ihr Musikfest abhalten. Bei der Veranstaltung werden Konzertstücke, Volkslieder sowie eigene Kompositionen von Mathias Loris jun. geboten. Es wirken auch der Chor, den Loris jun. und Prof. Hans Speck leiten, die Jungmusikanten, die Kinderblaskapelle und Josef Klein aus Temeswar als Dirigent mit.
     Das Musikfest der Kaszner-Kapelle ist für den 27. und 28. Januar vorgesehen. Die Bläserformation und das Kinderorchester haben in ihr Programm neben Konzertstücken und Volksmusik auch Schlager aufgenommen. Die Vorbereitungen für die Veranstaltungen der beiden Kapellen sind in Jahrmarkt seit längerem im Gange.
     In den ersten Monaten des Jahres 1973 werden in der Gemeinde auch das Trachtenfest , das Kulturprogramm der freiwilligen Feuerwehr, der "Scherzeball" - ein Banater Brauch, der hier neu eingeführt wird -, ein Maskenball und der Faschingsumzug durchs Dorf mit Hänsel und Gretel auf dem Rad abgehalten.
Die Jahrmarkter "Jungmusikanten" und weitere Laienspieler aus dem Ort werden im März das Singspiel in schwäbischer Mundart "Der Dorfregisseur" von Jakob Vorberger in der Vertonung von Peter Focht (Rekasch) aufführen. Es ist nach Peter Riesz' "Ohne Titel" verfasst, das die Theaterformation von Jahrmarkt vor einigen Jahren zum erstenmal auf die Bühne gebracht hat. "Der Dorfregisseur" wird das zweite Stück von Banater Autoren sein, das in dieser Gemeinde seine Uraufführung erlebt.
      In Cerneteaz, das zur Gemeinde Jahrmarkt gehört, feiert man heuer im neuen Kulturheim Silvester. Der Saal ist rechtzeitig fertiggeworden. Er bietet 250 Besuchern Platz. Die Außenarbeiten sind fürs nächste Jahr vorgesehen.


aus NEUER Weg, Bukarest, 29. Dezember 1972

Dienstag, 6. März 2012

Spiegelbild

     Zum Leserbrief "Ehrenrührig" (Ausgabe vom 4. 12. 1989):
      In den letzten 20 Jahren hat sich der materielle Lebensstandard in Rumänien von Tag zu Tag verschlechtert. Direkt damit verbunden war der spürbare Verfall jeglicher moralischer Werte, die ein zivilisiertes Volk auszeichnen. Wer die Szene einigermaßen kennt, weiß, daß viele prominente Geistesschaffende Rumäniens heute im Exil leben oder ihr Dasein in tristem Hausarrest verbringen. Die Konsequenz dieses Exodus konnte nur eine sein: Ein qualvolles, langsames Sterben eines bis dahin intakten, in seiner Tradition verwurzelten deutschen Volksstammes begann. Die verzweifelten Versuche einiger beherzter Laienkünstler, Traditionen zu pflegen und deutsches Kulturleben aufrechtzuerhalten, wurden vom grauenvollen Röcheln der dahinsiechenden Gemeinschaft überschattet.
      Herta Müller siedelte erst 1987 in die Bundesrepublik aus. Sie war also schon eine von den "letzten", eine von denen, "die die Hunde (hinaus)beißen", wie es im Banat so gruselig schön heißt. Sie ist ein Kind dieser vom rumänischen Conducător proklamierten "Epoche des Lichtes", die ein Volk und seine Minderheiten in absolute Finsternis gestürzt hat. Ihre Werke sind ein Spiegelbild dieser unseligen Zeit. Was sollte daran schön sein? Ein einziger literarisch schöner Satz würde den Versuch gefährden, die Ungeheuerlichkeiten, unter denen die Menschen im Banat, in Siebenbürgen und in ganz Rumänien litten und leiden, in einem Sprachbild einzufangen. Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit, Trauer, Verzweiflung, Frust über den angeordneten Persönlichkeitsverlust, Angst, Sehnsucht, Resignation, Ekel, Haß, Wut und grenzenloses Mißtrauen sind Lebensbausteine der heutigen Bürger Rumäniens. Solche Gefühle generieren auch entartete literarische Aggressionen. Diese "Epoche des Lichtes" hat neben kriechenden Hofpoeten auch Schreibende wie Herta Müller hervorgebracht.
      Daß in einem gepflegten Beet eines ungepflegten Gartens auch mal Unkrauthalme auftauchen, ist wohl nicht vermeidbar. Herta Müller hat zu jäten versucht. Sie hat aber viel zu starkes Gift benutzt und das mit so viel Liebe und Hingabe gepflegte Beet beträchtlich beschädigt. Darum kann sich die große Mehrheit der Banater Schwaben nicht mit ihrem Werk anfreunden.
      Man sollte aber nicht darüber streiten, ob Herta Müller eine gute oder schlechte oder überhaupt eine Schriftstellerin ist. Die Literaturgeschichte wird auch in ihrem Fall ihre Schuldigkeit tun und sie dort einordnen, wo sie hingehört. Man sollte statt dessen den Ursprung ergründen, der das Entstehen dieser obskuren Phantasiebilder und obszönen Handlungen sowie ihre Wiedergabe in einer ordinären Sprache verursacht hat. Wer sich die Mühe macht, wird in ein von Stacheldraht und Maschinengewehren umgebenes Land sehen, dessen Menschen an der untersten Grenze der menschlichen Würde existieren. Inmitten dieses unsagbaren Elends windet sich ein deutscher Volksstamm in Todeskrämpfen. Es sieht viel, viel schlimmer aus, als die freie Welt und ihre Politiker in Ost und West es wahrhaben wollen oder, gemäß ihrer erreichten Zivilisationslogik, es wahrhaben können.
      Betrachtet man Herta Müllers Gesamtwerk aus seiner Entstehungsperspektive, so kann man die diesjährige Marieluise-Fleißer-Preisverleihung der Stadt Ingolstadt durchaus auch positiv betrachten.  
Anton Potche 

DONAUKURIER, Ingolstadt, 16./17. Dezember 1989

Donnerstag, 1. März 2012

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 16

Do moonst jo grad, die Kuh hätt dich getreet.
☻     ۩     ☺
Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999)