Dienstag, 24. Juli 2012

Musikantenball der Kaszner-Kapelle

HS - Jahrmarkt. Samstag und Sonntag Abend fand hier im Kulturheim der zur Tradition gewordene Musikantenball der Hans-Kaszner-Kapelle statt. Im ersten Teil des Programms trat die gesamte Kapelle mit Ouvertüren und Walzern auf, danach bot das Kinderorchester Unterhaltungsmusik. Den letzten Teil bestritt die Leichtmusikformation. Als Solisten traten auf Hans Kaszner jun., Magdalena Ebner, Hans Kelter, Hans Kilzer, Franz Tasch, Elisabeth Henning sowie das Ehepaar Anni und Stefan Schmidt. Die Gesamtleitung des Musikabends hatte Kapellmeister Hans Kaszner sen. inne, die Ansage besorgten die Jugendlichen Anton Potche und Franz Frombach. Anton Potche trug auch das von Marianne Ebner zu diesem Anlass verfasste schwäbische Gedicht vor. Abgeschlossen wurde der erfolgreiche Unterhaltungsabend - beide Male war der Saal übervoll - mit einem Heimatlied von Prof. Peter Focht.

aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, 3. Februar 1976

Donnerstag, 19. Juli 2012

Fragen über Fragen


Die Menschen im Saarland haben in diesem Jahrhundert in zwei Volksabstimmungen ihren geschichtlich und menschlich berechtigten Willen zum Ausdruck gebracht, ihr Schicksal mit dem des gesamten deutschen Volkes zu verschmelzen. 90,76 Prozent der zur Wahl gegangenen Saarländer haben sich 1935 per Stimmzettel zur Rückkehr ins Deutsche Reich entschieden. Zwanzig Jahre später votierten die Menschen dieses nur 2569 Quadratkilometer großen, südlich des Hundsrück gelegenen Ländchens für eine Wiedereingliederung in die Bundesrepublik Deutschland.
In einer Volksabstimmung (1955) lehnten 78 Prozent der Wahlbeteiligten das von Konrad Adenauer und Pierre Mendès-France (1954/55 Ministerpräsident Frankreichs) ausgehandelte Saarstatut, das einer Europäisierung des Saarlandes in der Westeuropäischen Union gleichkam, ab. Zweimal im geschichtlich winzigen Zeitraum eines halben Jahrhunderts wurden die Saarländer willkürlich aus der deutschen Einheit ausgeschlossen und jedesmal hat ihr klares Volkszugehörigkeitsbekenntnis ihnen den Weg zurück geebnet.
Weitere 45 Jahre gingen ins Land. Die Menschen im Saarland haben mit aufgebaut und freuen sich mit ihren deutschen Landsleuten über die größten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Errungenschaften in der Geschichte dieses Volkes. Und jetzt verwehren sie ihren deutschen Brüdern und Schwestern aus dem fernen und nahen Osten Europas die Rückkehr in das Land, das endlich Heimat für alle Deutschen werden kann.
Zu diesem schweren, aber doch zu pauschal klingenden Vorwurf könnte man leicht kommen, würde man übersehen, daß unqualifizierte Äußerungen führender Politiker bei weitem nicht die Meinung ihrer Mitbürger und auch Wähler darstellen müssen. Es wird wohl kaum einem normalen Menschen verständlich sein, daß gerade die Menschen im Saarland den Staatsvertrag zur Deutschen Einheit ablehnen. Im Gegenteil: Ihr geschichtlicher Leidensweg legitimiert sie dazu, den deutschen Einigungsprozeß und das Aussiedlerphänomen besser als jeder andere Bürger dieses Landes zu verstehen.
Um so skandalöser erscheinen vor diesem Hintergrund die abwertenden Äußerungen des saarländischen Regierungschefs zur Aussiedlerproblematik und zur Deutschen Einheit. Man kann es zwar als Ironie des Schicksals betrachten, daß gerade das Saarland seine Zustimmung zum Staatsvertrag im Bundesrat verweigerte, man muß sich aber auch nach dem Geschichtsbewußtsein der Abgeordneten, die ihre Nein-Stimmen erhoben, fragen. Oder sind diese von den Selbstzwecktheorien eines Oskar Lafontaine so eingenommen, daß sie nicht mehr fähig sind, sich eine eigene Meinung zu bilden? Oder könnte ihnen vielleicht unter Lafontaines bewehrter Führung sogar die, für eine Demokratie lebenswichtige, Zivilcourage abhanden gekommen sein?
Fragen über Fragen; Fragen zum Rückzug der Betroffenen aus der Politik wären hier in bester Gesellschaft.
Mark Jahr

aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 29. Juli 1990

Freitag, 13. Juli 2012

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 23


E guder Hengst werd krumm odder blinn.
☻     ۩     ☺
Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999)

Freitag, 6. Juli 2012

Eintracht der Trachtenträger

In der Poiana Ruska wurde das größte Banater Folklorefest des Jahres gefeiert

Ein Bilderbericht von Walther Konschitzky

Das Tal am Oberlauf der Bega in der Poiana Ruska ist für eine große Freilichtveranstaltung wie geschaffen. Wie ein Riesenamphitheater öffnet sich die Lichtung an einer Begakrümmung, die waldigen Berghänge sind als Zuschauertribünen gut geeignet. Die Bewohner aus Tomeşti und Luncani hatten den Platz vorzüglich gewählt und zu nützen gewußt, als sie hier eine Bühne und ein Motel mit Schwimmbassin gebaut haben. In einer Rekordzeit von nur wenigen Monaten wurde das Vorhaben ausgeführt. Am ersten Augustsonntag konnte das Temescher Folklorefestival '74 im Liman-Tal steigen. Der große Platz erwies sich an diesem Tag aber doch als zu klein, denn daß sich hier über 10.000 Menschen einfinden werden, damit hatten selbst die Optimisten nicht gerechnet.
Teodor Chicinaş, der Bürgermeister von Tomeşti, und Dumitru Preda, der Vorsitzende des Temescher Kreiskomitees für Kultur und sozialistische Erziehung, begrüßten die Mitwirkenden und die Zuschauer und kündigten an, daß dieses Fest nun in jedem Jahr hier in der Poiana Ruska abgehalten werden soll.
Aus allen ethnographischen Zonen des Kreises Temesch trafen am Morgen die Trachtenträger und Kulturformationen aller Nationalitäten ein: aus den Dörfern der Marosch-Niederung, aus den Ortschaften zwischen Temesch und Bega, aus der Bergsau, aus der Lugoscher Gegend und aus den Bergdörfern am Fuß der Poiana Ruska. Über vier Stunden währte das Kulturprogramm, das sie zusammen bestritten, und das mit einer Liederfolge der vereinigten Chöre aus Großsanktnikolaus, Racoviţa und Nadrag unter der Leitung von Prof. Mathias Bernhardt eröffnet wurde. Von einem Hang kam die Trommler-Gruppe aus Brăneşti ins Tal, umjubelt vom Beifall der Tausenden für ihre selten schöne, rhythmische und mitreißende Darbietung auf einigen Dutzend Trommeln. Beifall und wieder Beifall gab es dann über vier Stunden lang für die vielen Tänze, die Lieder und Musikdarbietungen. Den größten Applaus jedoch ernteten die Flötenspieler aus Dubeşti, Fatschet und Remetea Luncă, der Dudelsackpfeifer Procofie Vasiescu, die schwäbische Volkstanzgruppe aus Pietroasa Mare, geleitet von Maria Dippert, die ungarischen Tänze aus Cruceni und Jimbolia, die serbische Tanzgruppe des Temesvarer Maschinenbauwerks UMT und das Folkloreensemble aus Brăneşti mit seiner Vorführung "Markt in Fatschet". In Lied, Spiel und Tanz wurde die Atmosphäre eines Markttages von einst auf die Bühne gebracht, es fehlte dabei auch der "Mann mit dem Tanzbären" nicht und die traditionellen Volksbelustigungen bei solchem Anlaß. Was aber im besonderen bewundert wurde, das war die Vielfalt der Trachtenstücke und Motive in der Festkleidung dieses Dorfes und an der Vorführung die nuancierte Darstellung der einzelnen Marktszenen. Zum Abschluss des Programms gaben die Blasmusikkapellen aus Lenauheim und Jahrmarkt Platzkonzerte.
Loris-Kapelle im Liman-Tal
In einem Waldweg hatten sich die Trachtenträger aller in diesem Landstrich lebenden Nationalitäten, darunter auch die Träger der schwäbischen Trachten aus Darowa, Jahrmarkt, Lenauheim, Liebling, Neupetsch, Nitzkydorf, Pişchia, Sanktandreas und Teremia Mare, zu einem der größten und beeindruckendsten Trachtenzüge, die es je im Banat gegeben hat, geformt. Unter den Rhythmen der Trommler aus Brăneşti und der Märsche der Loris-Kapelle aus Jahrmarkt zogen sie auf den Festplatz. Die Festkleidung aus über 50 Ortschaften wurde sodann vorgeführt und von einem Fachmann des Banater Museums erläutert, den schönsten sollten am Nachmittag Preise verliehen werden. Die Jury hatte es gewiß nicht leicht, aus der Vielzahl der wunderschönen Trachten die originellsten und wertvollsten herauszufinden.
Umso größer war der Beifall, als dann die Gewinner bekanntgegeben wurden, und es spricht dafür, daß die Zuschauer mit der getroffenen Wahl einverstanden waren. Preise wurden den rumänischen Trachten aus Buzad, Bucovăţ, Coştei, Sipet und Măştur zugesprochen, der schwäbischen Mädchentracht aus Nitzkydorf, dem Kerweihut mit Sträußchen, Bändern und Spiegel aus Neupetsch, der bulgarischen Brauttracht aus Dudeştii Vechi sowie der bulgarischen Mädchentracht mit Goldfadenstickereien aus Breştia.

Was man aber auf dem Festplatz noch zu hören bekam - und man hörte leise Bewunderung, aber auch unzweideutiges Mitgefühl heraus: Schade, daß den vielen Trägern von Schaffelleibchen und den Mädchen in den schweren schwäbischen Röcken keine Sonderpreise überreicht wurden, sie hätten sie nämlich für ihr Ausharren bei dieser Hitze redlich verdient.
Manchen Trachtenträger sah man kurz nach dem Aufmarsch in die Bega springen; hier im Liman-Tal ist sie noch ein kleiner Gebirgsbach, an diesem Tag jedoch ein geschätzter Badeplatz. Bis hinauf zur Forellenzüchterei bei Luncan konnte man die Gruppen sehen, die sich's am Begaufer bequem machten, als gelte es, wochenlang hier zu bleiben. Und man hielt aus; bis spät in die Nacht hinein hörte man Musik und Trubel im Tal, und mancher versprach sich's oder anderen, im nächsten Jahr in der Poiana Ruska wieder dabei zu sein. 




aus NEUER WEG KALENDER 1975, BUKAREST, 15. Oktober 1974


Montag, 2. Juli 2012

Ceauşescu-Methode

Zu "Die Nacht der langen Messer" in "Der Donauschwabe" vom 24. Juni, S. 1:

Ion Iliescu, der in freier Wahl gewählte Staatspräsident Rumäniens, macht seiner Vergangenheit alle Ehre. Er war nicht nur ein vorbildlicher Schüler seines politischen Ziehvaters Ceauşescu, seine Machterhaltungstriebe scheinen noch ausgeprägter als die seines Vorgängers zu sein.
Iliescu hat die bewährte Ceauşescu-Methode, alle Kritiker als Faschisten, Legionäre und imperialistische Spione von der Securitate zu entlarven und zum Schweigen zu bringen, verfeinert. Um seine absolutistischen Regierungs- und Unterdrückungsabsichten zu verschleiern, hat er schon zum zweiten Mal in seiner kurzen Amtszeit zum teuflischsten Tarnungsakt kommunistischer Politik gegriffen: durch das Aufhetzen verschiedener Volksgruppen gegeneinander soll der politische Gegner endgültig ausgeschaltet werden. Die mittlerweile mit Securitate-Leuten stark unterlaufenen Polizei- und Militäreinheiten sollen nur noch kosmetische Korrekturarbeiten leisten, die im allgemeinen Durcheinander nie nachweisbar sind. Daß diese Terrorspezialisten in bewußt erzeugter Atmosphäre der Verunsicherung und Angst hervorragend operieren können, haben sie in den vergangenen Monaten des öfteren bewiesen.
Weil es in Bukarest nicht möglich ist, nationale Minderheiten für politische Selbstzwecke zu mißbrauchen, wie das im März in Neumarkt (Tîrgu-Mureş) beispielhaft gelungen war, hat man sich hier der Kumpel aus dem Schil-Tal (Valea Jiului) bedient. Die Iliescu-loyalen Jungs aus den Bergwerksiedlungen der Südkarpaten haben ganz schön hingelangt. Die Bukarester Ereignisse vom 13. Juni haben wieder bestätigt, daß der geistige Schaden, den Ceauşescu hinterlassen hat, viel schlimmer als die wirtschaftlichen Mißstände ist. Tausendschaften von meist jungen Bergleuten greifen ohne Bedenken zum Knüppel und schlagen für Freiheit demonstrierende Menschen brutal zusammen. Die Schaffung der Voraussetzungen, die einem solchen Handeln zugrunde liegen, müssen in der Ceauşescu-Ära gesucht werden.
Drei Generationen Bergleute haben im Kommunismus das analytische Denken verlernt oder nie gelernt. Daß ihre Masse aber eine brutale Macht darstellt, hat selbst der hingerichtete "Geliebteste Sohn" der Rumänen erfahren müssen. Der kommunistische Kronprinz von gestern, Ion Iliescu, hat die Manipulationstauglichkeit dieser Masse erkannt - hier hat er seinem Lehrer Ceauşescu sogar einiges voraus - und sie ohne Skrupel zur Repression der Opposition eingesetzt. Er hat die Massenhysteriefähigkeit der in ihren Bergtälern von der Außenwelt völlig abgeschlossenen Bergleute schon früh erkannt. Zu seinen ersten Amtshandlungen nach der Revolution im Dezember 1989 gehörten die Lohnerhöhungen und Arbeitszeitverkürzungen für die Kumpel. Der vielen Rumänen als Überlebensphilosophie schon in die Wiege gelegte Servilismus ist bei den Bergleuten anscheinend besonders ausgeprägt, lief seit der Dezemberrevolution aber Gefahr, seine Berechtigung zu verlieren. Jetzt haben sie wieder einen "Conducător", dem sie gedankenlos folgen können. Der verschafft ihnen sogar die Gelegenheit, in die ferne Hauptstadt zu fahren und dort nach Herzenslust ihre Kräfte mit den Mitgliedern der faschistischen "Eisernen Garde" zu messen, von deren Treiben in den 40er Jahren sie in den Geschichtsstunden gelernt haben. Na, wenn das kein Abenteuer ist?! Und sie haben gründlich aufgeräumt unter den längst schon Geschichte gewordenen Legionären.
Mindestens fünf Tote, Hunderte Verletzte, Zerstörung der Oppositionszentralen, begleitet von einer Verhaftungswelle, die selbst den Securitate- Maßnahmen aus der Ceauşescu-Zeit höhnt, sind das Resultat der politischen Umnebelung, in der Millionen Rumänen zur Zeit leben. Sie haben den Weg zurück nach Europa nicht gefunden und drohen weiter isoliert zu werden. Der Umsturz im Dezember hat sich nach einfachen Naturgesetzen vollzogen, wobei die Dialektik der gesellschaftlichen Erneuerung auf der Strecke blieb. Die lethargische Herde ist instinktiv dem jüngeren und darum stärkeren Leithengst gefolgt. So einfach ist das in der freien Wildbahn. Von dort bis zu den komplizierten Gesellschaftsstrukturen Europas ist noch ein unendlich langer Weg.
In Rumänien selbst hat sich kaum etwas geändert. Gewandelt hat sich allerdings das Umfeld, in dem die rumänischen Ereignisse wahrgenommen werden. Die Weltöffentlichkeit ist hellhöriger und auch aufmerksamer geworden. Man kann die ausländischen Berichterstatter nicht mehr so leicht mit falschen Propagandasprüchen hinters Licht führen. Die Politiker der freien Welt sind viel mißtrauischer als zur Zeit Ceauşescus. Leider sind das vorläufig die einzigen positiven Aspekte des Rumänien-Problems.
Es bleibt wenigstens noch zu hoffen, daß die entmutigenden Bilder aus Bukarest auch über die saarländischen Bildschirme flimmern.
Mark Jahr 
aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 15. Juli 1990