aus NEUE
BANATER ZEITUNG, Temeswar, 3. Februar 1976
Herzlich willkommen! Auf diesem Archiv-Blog finden Sie auch Veröffentlichungen von Anton Potche (Pseud.: Berns Toni, Anton Delagiarmata, Mark Jahr) in Zeitungen, Zeitschriften und Büchern. Diese Texte sind im Label "- - - Chronologisches Inhaltsverzeichnis" vermerkt. Zu den anderen Texten finden Sie Hinweise im Label "In eigener Sache".
Dienstag, 24. Juli 2012
Musikantenball der Kaszner-Kapelle
HS - Jahrmarkt. Samstag und
Sonntag Abend fand hier im Kulturheim der zur Tradition gewordene Musikantenball
der Hans-Kaszner-Kapelle statt. Im ersten Teil des
Programms trat die gesamte Kapelle mit Ouvertüren und Walzern auf, danach bot
das Kinderorchester Unterhaltungsmusik. Den letzten
Teil bestritt die Leichtmusikformation. Als Solisten traten auf Hans
Kaszner jun., Magdalena Ebner, Hans Kelter, Hans Kilzer, Franz Tasch, Elisabeth
Henning sowie das Ehepaar Anni und Stefan
Schmidt. Die Gesamtleitung des
Musikabends hatte Kapellmeister Hans
Kaszner sen. inne, die Ansage
besorgten die Jugendlichen Anton Potche und Franz
Frombach. Anton Potche trug auch das von Marianne Ebner zu diesem Anlass
verfasste schwäbische Gedicht vor. Abgeschlossen wurde der erfolgreiche
Unterhaltungsabend - beide Male war der Saal übervoll - mit einem Heimatlied
von Prof. Peter Focht.
Donnerstag, 19. Juli 2012
Fragen über Fragen
Die
Menschen im Saarland haben in diesem Jahrhundert in zwei Volksabstimmungen ihren
geschichtlich und menschlich berechtigten Willen zum Ausdruck gebracht, ihr
Schicksal mit dem des gesamten deutschen Volkes zu verschmelzen. 90,76 Prozent
der zur Wahl gegangenen Saarländer haben sich 1935 per Stimmzettel zur
Rückkehr ins Deutsche Reich entschieden. Zwanzig Jahre später votierten die
Menschen dieses nur 2569 Quadratkilometer großen, südlich des Hundsrück
gelegenen Ländchens für eine Wiedereingliederung in die Bundesrepublik
Deutschland.
In einer
Volksabstimmung (1955) lehnten 78 Prozent der Wahlbeteiligten das von Konrad
Adenauer und Pierre Mendès-France (1954/55 Ministerpräsident Frankreichs)
ausgehandelte Saarstatut, das einer Europäisierung des Saarlandes in der
Westeuropäischen Union gleichkam, ab. Zweimal im geschichtlich winzigen
Zeitraum eines halben Jahrhunderts wurden die Saarländer willkürlich aus der
deutschen Einheit ausgeschlossen und jedesmal hat ihr klares
Volkszugehörigkeitsbekenntnis ihnen den Weg zurück geebnet.
Weitere 45 Jahre
gingen ins Land. Die Menschen im Saarland haben mit aufgebaut und freuen sich
mit ihren deutschen Landsleuten über die größten wirtschaftlichen, sozialen
und kulturellen Errungenschaften in der Geschichte dieses Volkes. Und jetzt
verwehren sie ihren deutschen Brüdern und Schwestern aus dem fernen und nahen
Osten Europas die Rückkehr in das Land, das endlich Heimat für alle Deutschen
werden kann.
Zu diesem
schweren, aber doch zu pauschal klingenden Vorwurf könnte man leicht kommen,
würde man übersehen, daß unqualifizierte Äußerungen führender Politiker
bei weitem nicht die Meinung ihrer Mitbürger und auch Wähler darstellen
müssen. Es wird wohl kaum einem normalen Menschen verständlich sein, daß
gerade die Menschen im Saarland den Staatsvertrag zur Deutschen Einheit
ablehnen. Im Gegenteil: Ihr geschichtlicher Leidensweg legitimiert sie dazu, den
deutschen Einigungsprozeß und das Aussiedlerphänomen besser als jeder andere
Bürger dieses Landes zu verstehen.
Um so skandalöser
erscheinen vor diesem Hintergrund die abwertenden Äußerungen des
saarländischen Regierungschefs zur Aussiedlerproblematik und zur Deutschen
Einheit. Man kann es zwar als Ironie des Schicksals betrachten, daß gerade das
Saarland seine Zustimmung zum Staatsvertrag im Bundesrat verweigerte, man muß
sich aber auch nach dem Geschichtsbewußtsein der Abgeordneten, die ihre
Nein-Stimmen erhoben, fragen. Oder sind diese von den Selbstzwecktheorien eines Oskar
Lafontaine so eingenommen, daß sie nicht mehr fähig sind, sich eine eigene
Meinung zu bilden? Oder könnte ihnen vielleicht unter Lafontaines bewehrter
Führung sogar die, für eine Demokratie lebenswichtige, Zivilcourage abhanden
gekommen sein?
Fragen
über Fragen; Fragen zum Rückzug der Betroffenen aus der Politik wären hier in
bester Gesellschaft.
aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 29. Juli 1990
Freitag, 13. Juli 2012
Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 23
E guder Hengst werd krumm odder blinn.
☻ ۩ ☺
Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz (1929 - 1999)
Freitag, 6. Juli 2012
Eintracht der Trachtenträger
In der Poiana Ruska wurde das größte Banater Folklorefest des Jahres gefeiert
Ein Bilderbericht von
Walther
Konschitzky
Das Tal am
Oberlauf der Bega in der Poiana Ruska ist für eine große
Freilichtveranstaltung wie geschaffen. Wie ein Riesenamphitheater öffnet sich
die Lichtung an einer Begakrümmung, die waldigen Berghänge sind als Zuschauertribünen
gut geeignet. Die Bewohner aus Tomeşti und Luncani hatten den Platz
vorzüglich gewählt und zu nützen gewußt, als sie hier eine Bühne und ein
Motel mit Schwimmbassin gebaut haben. In einer Rekordzeit von nur wenigen
Monaten wurde das Vorhaben ausgeführt. Am ersten Augustsonntag konnte das
Temescher Folklorefestival '74 im Liman-Tal steigen. Der große Platz erwies
sich an diesem Tag aber doch als zu klein, denn daß sich hier über 10.000
Menschen einfinden werden, damit hatten selbst die Optimisten nicht gerechnet.
Teodor
Chicinaş, der Bürgermeister von Tomeşti,
und Dumitru Preda, der Vorsitzende des Temescher Kreiskomitees für
Kultur und sozialistische Erziehung, begrüßten die Mitwirkenden und die
Zuschauer und kündigten an, daß dieses Fest nun in jedem Jahr hier in der
Poiana Ruska abgehalten werden soll.
Aus
allen ethnographischen Zonen des Kreises Temesch trafen am Morgen die
Trachtenträger und Kulturformationen aller Nationalitäten ein: aus den
Dörfern der Marosch-Niederung, aus den Ortschaften zwischen Temesch und Bega,
aus der Bergsau, aus der Lugoscher Gegend und aus den Bergdörfern am Fuß der
Poiana Ruska. Über vier Stunden währte das Kulturprogramm, das sie zusammen
bestritten, und das mit einer Liederfolge der vereinigten Chöre aus
Großsanktnikolaus, Racoviţa und Nadrag unter der Leitung von Prof. Mathias
Bernhardt eröffnet wurde. Von einem Hang kam die Trommler-Gruppe aus Brăneşti
ins Tal, umjubelt vom Beifall der Tausenden für ihre selten schöne, rhythmische
und mitreißende Darbietung auf einigen Dutzend Trommeln. Beifall und wieder
Beifall gab es dann über vier Stunden lang für die vielen Tänze, die Lieder
und Musikdarbietungen. Den größten Applaus jedoch ernteten die Flötenspieler
aus Dubeşti, Fatschet und Remetea Luncă,
der Dudelsackpfeifer Procofie Vasiescu, die schwäbische Volkstanzgruppe
aus Pietroasa Mare, geleitet von Maria Dippert, die ungarischen Tänze
aus Cruceni und Jimbolia, die serbische Tanzgruppe des Temesvarer
Maschinenbauwerks UMT und das Folkloreensemble aus Brăneşti
mit seiner Vorführung "Markt in Fatschet". In Lied, Spiel und Tanz
wurde die Atmosphäre eines Markttages von einst auf die Bühne gebracht, es
fehlte dabei auch der "Mann mit dem Tanzbären" nicht und die
traditionellen Volksbelustigungen bei solchem Anlaß. Was aber im besonderen
bewundert wurde, das war die Vielfalt der Trachtenstücke und Motive in der
Festkleidung dieses Dorfes und an der Vorführung die nuancierte Darstellung der
einzelnen Marktszenen. Zum Abschluss des Programms gaben die Blasmusikkapellen
aus Lenauheim und Jahrmarkt
Platzkonzerte.
Loris-Kapelle im Liman-Tal |
In einem Waldweg hatten sich die
Trachtenträger aller in diesem Landstrich lebenden Nationalitäten,
darunter auch die Träger der schwäbischen Trachten aus Darowa,
Jahrmarkt, Lenauheim, Liebling, Neupetsch, Nitzkydorf, Pişchia, Sanktandreas und Teremia Mare, zu einem
der größten und beeindruckendsten Trachtenzüge, die es je im Banat
gegeben hat, geformt. Unter den Rhythmen der Trommler aus Brăneşti
und der Märsche der Loris-Kapelle aus Jahrmarkt
zogen sie auf den
Festplatz. Die Festkleidung aus über 50 Ortschaften wurde sodann
vorgeführt und von einem Fachmann des Banater Museums erläutert, den
schönsten sollten am Nachmittag Preise verliehen werden. Die Jury hatte
es gewiß nicht leicht, aus der Vielzahl der wunderschönen Trachten die
originellsten und wertvollsten herauszufinden.
Umso
größer war der Beifall, als dann die Gewinner bekanntgegeben wurden, und
es spricht dafür, daß die Zuschauer mit der getroffenen Wahl
einverstanden waren. Preise wurden den rumänischen Trachten aus Buzad,
Bucovăţ, Coştei, Sipet und Mănăştur
zugesprochen, der schwäbischen Mädchentracht aus Nitzkydorf, dem
Kerweihut mit Sträußchen,
Bändern und Spiegel aus Neupetsch, der bulgarischen Brauttracht aus Dudeştii Vechi sowie der bulgarischen
Mädchentracht mit Goldfadenstickereien aus Breştia.Was man aber auf dem Festplatz noch zu hören bekam - und man hörte leise Bewunderung, aber auch unzweideutiges Mitgefühl heraus: Schade, daß den vielen Trägern von Schaffelleibchen und den Mädchen in den schweren schwäbischen Röcken keine Sonderpreise überreicht wurden, sie hätten sie nämlich für ihr Ausharren bei dieser Hitze redlich verdient.
Manchen Trachtenträger sah man kurz nach dem Aufmarsch in die Bega springen; hier im Liman-Tal ist sie noch ein kleiner Gebirgsbach, an diesem Tag jedoch ein geschätzter Badeplatz. Bis hinauf zur Forellenzüchterei bei Luncan konnte man die Gruppen sehen, die sich's am Begaufer bequem machten, als gelte es, wochenlang hier zu bleiben. Und man hielt aus; bis spät in die Nacht hinein hörte man Musik und Trubel im Tal, und mancher versprach sich's oder anderen, im nächsten Jahr in der Poiana Ruska wieder dabei zu sein.
aus NEUER WEG
KALENDER 1975, BUKAREST, 15. Oktober 1974
Montag, 2. Juli 2012
Ceauşescu-Methode
Zu
"Die Nacht der langen Messer" in "Der Donauschwabe" vom 24.
Juni, S. 1:
Ion
Iliescu, der in freier Wahl gewählte Staatspräsident Rumäniens, macht
seiner Vergangenheit alle Ehre. Er war nicht nur ein vorbildlicher Schüler
seines politischen Ziehvaters Ceauşescu, seine
Machterhaltungstriebe scheinen noch ausgeprägter als die seines Vorgängers zu
sein.
Iliescu
hat die bewährte Ceauşescu-Methode, alle
Kritiker als Faschisten, Legionäre und imperialistische Spione von der
Securitate zu entlarven und zum Schweigen zu bringen, verfeinert. Um seine
absolutistischen Regierungs- und Unterdrückungsabsichten zu verschleiern, hat
er schon zum zweiten Mal in seiner kurzen Amtszeit zum teuflischsten Tarnungsakt
kommunistischer Politik gegriffen: durch das Aufhetzen verschiedener
Volksgruppen gegeneinander soll der politische Gegner endgültig ausgeschaltet
werden. Die mittlerweile mit Securitate-Leuten stark unterlaufenen Polizei- und
Militäreinheiten sollen nur noch kosmetische Korrekturarbeiten leisten, die im
allgemeinen Durcheinander nie nachweisbar sind. Daß diese Terrorspezialisten in
bewußt erzeugter Atmosphäre der Verunsicherung und Angst hervorragend operieren
können, haben sie in den vergangenen Monaten des öfteren bewiesen.
Weil
es in Bukarest nicht möglich ist, nationale Minderheiten für politische
Selbstzwecke zu mißbrauchen, wie das im März in Neumarkt (Tîrgu-Mureş) beispielhaft
gelungen war, hat man sich hier der Kumpel aus dem Schil-Tal (Valea Jiului)
bedient. Die Iliescu-loyalen Jungs aus den Bergwerksiedlungen der Südkarpaten
haben ganz schön hingelangt. Die Bukarester Ereignisse vom 13. Juni haben
wieder bestätigt, daß der geistige Schaden, den Ceauşescu hinterlassen
hat, viel schlimmer als die wirtschaftlichen Mißstände ist. Tausendschaften
von meist jungen Bergleuten greifen ohne Bedenken zum Knüppel und schlagen für
Freiheit demonstrierende Menschen brutal zusammen. Die Schaffung der
Voraussetzungen, die einem solchen Handeln zugrunde liegen, müssen in der Ceauşescu-Ära
gesucht werden.
Drei
Generationen Bergleute haben im Kommunismus das analytische Denken verlernt oder
nie gelernt. Daß ihre Masse aber eine brutale Macht darstellt, hat selbst der
hingerichtete "Geliebteste Sohn" der Rumänen erfahren müssen. Der
kommunistische Kronprinz von gestern, Ion Iliescu, hat die
Manipulationstauglichkeit dieser Masse erkannt - hier hat er seinem Lehrer Ceauşescu sogar einiges
voraus - und sie ohne Skrupel zur Repression der Opposition eingesetzt. Er hat
die Massenhysteriefähigkeit der in ihren Bergtälern von der Außenwelt völlig
abgeschlossenen Bergleute schon früh erkannt. Zu seinen ersten Amtshandlungen
nach der Revolution im Dezember 1989 gehörten die Lohnerhöhungen und
Arbeitszeitverkürzungen für die Kumpel. Der vielen Rumänen als
Überlebensphilosophie schon in die Wiege gelegte Servilismus ist bei den
Bergleuten anscheinend besonders ausgeprägt, lief seit der Dezemberrevolution
aber Gefahr, seine Berechtigung zu verlieren. Jetzt haben sie wieder einen
"Conducător",
dem sie gedankenlos folgen können. Der verschafft ihnen sogar die Gelegenheit,
in die ferne Hauptstadt zu fahren und dort nach Herzenslust ihre Kräfte mit den
Mitgliedern der faschistischen "Eisernen Garde" zu messen, von deren
Treiben in den 40er Jahren sie in den Geschichtsstunden gelernt haben. Na, wenn
das kein Abenteuer ist?! Und sie haben gründlich aufgeräumt unter den längst
schon Geschichte gewordenen Legionären.
Mindestens
fünf Tote, Hunderte Verletzte, Zerstörung der Oppositionszentralen, begleitet
von einer Verhaftungswelle, die selbst den Securitate- Maßnahmen aus der Ceauşescu-Zeit höhnt, sind
das Resultat der politischen Umnebelung, in der Millionen Rumänen zur Zeit
leben. Sie haben den Weg zurück nach Europa nicht gefunden und drohen weiter
isoliert zu werden. Der Umsturz im Dezember hat sich nach einfachen
Naturgesetzen vollzogen, wobei die Dialektik der gesellschaftlichen Erneuerung
auf der Strecke blieb. Die lethargische Herde ist instinktiv dem jüngeren und
darum stärkeren Leithengst gefolgt. So einfach ist das in der freien Wildbahn.
Von dort bis zu den komplizierten Gesellschaftsstrukturen Europas ist noch ein
unendlich langer Weg.
In
Rumänien selbst hat sich kaum etwas geändert. Gewandelt hat sich allerdings
das Umfeld, in dem die rumänischen Ereignisse wahrgenommen werden. Die
Weltöffentlichkeit ist hellhöriger und auch aufmerksamer geworden. Man kann
die ausländischen Berichterstatter nicht mehr so leicht mit falschen
Propagandasprüchen hinters Licht führen. Die Politiker der freien Welt sind
viel mißtrauischer als zur Zeit Ceauşescus. Leider sind das
vorläufig die einzigen positiven Aspekte des Rumänien-Problems.
Es
bleibt wenigstens noch zu hoffen, daß die entmutigenden Bilder aus Bukarest
auch über die saarländischen Bildschirme flimmern.
Mark
Jahr
aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 15. Juli 1990
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