Donnerstag, 7. November 2013

Heute bereits Geschichte

Schlachtszene im Banat
Bauernbräuche, wie sie in dem Artikel "... habt's große Würscht g'macht" (Parsberger Umschau vom 22. Januar) schildern, wurden im Banat/Rumänien bis in die siebziger Jahre von den Banater Schwaben gepflegt. Das überlieferte Brauchtum  half ihnen, das staatliche Verbot des Vereinslebens zu umgehen und so deutsche Geselligkeit zu gestalten. Geschlachtet wurde allerdings in der Vorweihnachtszeit. Der Schlachttag war in der Regel ein Sonntag und wurde stets als großes Familientreffen verstanden. Am Abend kamen auch die Nachbarsleute zum "Sautanz". Sie brachten dem Hausherrn die tagsüber "gstohlni Fick" (Schwanz) der geschlachteten Sau, mit Rosmarinzweiglein geschmückt, auf einem Tablett zurück und sangen/rezitierten dabei ein von Dorf zu Dorf verschiedenes, aber sinnähnliches Liedchen/Gedichtchen. In dem Dorf Kleinsiedel hieß es zum Beispiel: "Ich han ghert, dir hat gschlacht / un hat so gudi Werscht gemacht. / Eier Sau hat dicke Niere, / loßt mich net do drauß verfriere! / Eier Sau hat e dicki Nas, / schickt mir eier Rakiglas! / Kriewe un Werschter aus'm Haus, / schickt mer ah a paar mit raus!" Der Sturz Ceauşescus hat das Ende der letzten, damals (1989) bereits im Auflösen begriffenen deutschen Volksgemeinschaft Südosteuropas beschleunigt, so daß auch die Volksbräuche des banatschwäbischen Jahreslaufs heute bereits Geschichte sind.
Anton Potche

aus MITTELBAYERISCHE, Regensburg, 19. Februar 1992

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