Donnerstag, 27. März 2014

es chriskindche kummt

horch
wer kloppt
do an die teer
es chriskindche
kummt aus'm schnee
sei hänn ziddre vor kält
wu hot's norr sei gschenk
mei fraa halt'm plätzjer vor
de gliehwein is heiß un rot
es chriskindche sitzt im licht
un verzählt uns sei gschicht
es war i'me land im weide osten
dort bleiwe die bliee in de knospe
die kinn laafe bloßfießich rum
die singveel sterwe stumm
uf'm kerzlicht gfreert die flamm
mei fraa un ich kenne des land
unser kinn horche sin meisjestill
no gehn se langsam zum chrisboom hin
un gewwe ehre gschenker em chriskindche
dorch's fenster schaue die englcher
ganz langsam schließt sich die teer
es chriskindche sucht sei spur im schnee

potche toni

aus BANATER POST, München, 10. Dezember 1992

Dienstag, 25. März 2014

Meisterhafte Interpretation

Es war für die Neppendorfer eine besondere Freude, kürzlich eine Gruppe bekannter Künstler und Laienkünstler aus dem Banat zu Gast zu haben.
Der Schauspieler und Humorist Hans Kehrer bestritt sowohl die Ansage als auch die heiteren Einlagen, die großen Anklang fanden. Das Programm eröffnete die Loris-Kapelle aus Jahrmarkt unter der Stabführung von Prof. Mathias Loris. Sie bot in einer tadellosen Ausführung ein abwechslungsreiches Repertoire. Es folgte der Temeswarer Schubert-Chor. Bewundernswert war die künstlerische Ausführung der einzelnen Stücke und die meisterhafte Interpretation des Chors und seiner Solisten. Zum Abschluss sangen sie das bekannte Siebenbürgerlied, bei dem das Publikum mitsang. Im dritten Teil spielte das Unterhaltungsorchester von Jahrmarkt moderne Tanz- und Schlagermusik. Das Orchester mit seinen begabten Solisten wurde besonders von der Jugend mit stürmischem Applaus zu Draufgaben veranlasst. Dasselbe Orchester spielte anschließend auch zum Tanz auf. Beim Abschluss des gemütlichen Beisammenseins, das von der Neppendorfer Blasmusik organisiert wurde, sangen dann alle zusammen "Wahre Freundschaft soll nicht wanken". Im Namen der Neppendorfer möchte ich den Banater Künstlern auch auf diesem Wege dafür, dass sie den Weg zu uns gefunden haben, auf das innigste danken.
Michael Reisenauer, Neppendorf
Banater Gäste in Großau
Sonnabend, den 28. April, waren die Loris-Kapelle aus Jahrmarkt und der Schubert-Chor aus Temeswar in Großau zu Gast. Schon viele Kulturformationen boten Kulturprogramme auf unserer Bühne, doch dieses abendfüllende, unterhaltsame Programm übertraf alle Erwartungen. Sowohl das Spiel als auch der Gesang waren einwandfrei schön. Der starke, langanhaltende Applaus der Zuhörer veranlasste die Gäste immer wieder einzelne Programmnummern zu wiederholen. Die Ansage besorgte der bekannte Schauspieler und Schriftsteller Hans Kehrer, der es vortrefflich verstand, mit seinen heiteren Einlagen die Zuhörer in bester Stimmung zu halten. Wir wünschen unseren Banater Freunden weiterhin viel Erfolg und uns noch viele Gelegenheiten, solchen unterhaltsamen Darbietungen beizuwohnen.
                                                                                     Maria Schuller, Großau


aus NEUER WEG, Bukarest, 13. Mai 1979

Donnerstag, 20. März 2014

Der Maestro wurde Ehrenbürger

München ehrte Sergiu Celibidache
Es gab und gibt nicht viele Künstler, die mit dem nichtakademischen und eben darum so respektvollen Titel "Maestro" im Bewußtsein der Öffentlichkeit leben. Es gibt aber noch weniger, die im gleichen Atemzug auch mit ihrem Kosenamen in den Berichten und Kritiken der Medien erscheinen. So wird gar oft innerhalb weniger Zeilen aus dem unnahbaren, fern auf hohem Podium stehenden Maestro Sergiu Celibidache der so menschlich fühlende, seine Ergriffenheit preisgebende Celi, der, neben dem Konzertmeister stehend, die Beifallsstürme zuerst für sein Orchester und erst dann für sich, dankend entgegennimmt.
Zum Coda-Auftakt eines bewegten Jahrhunderts feiert die Musikwelt einen Künstler, dessen Auffassung von Kreation, Interpretation und Musikvermarktung nicht nur einzigartig, sondern bedauerlicherweise auch schwer verständlich für bereits streßsüchtige Leistungsmenschen ist. Während wir rasend die Zeitenwenden überbrücken und geschichtliche Ereignisse zum Alltagsgeschäft herabstufen, zieht Sergiu Celibidache die Zügel straff an und gibt seinen Münchner Philharmonikern ein getragenes, auf Geist und Gemüt besänftigend wirkendes Tempo vor. Innere Einkehr und Ruhe braucht der Mensch unserer hektischen Zeit. Er findet sie in Celis Musik, in seiner Art, ein Orchester zu führen. Dabei muß dem Celibidache-Gegner - wie jeder Star hat auch er seine Widersacher - zugestanden werden, daß dieser heute so ruhig und weise wirkende Mann mit schneeweißer Mähne sich im umgekehrten Verhältnis zum Accelerando-Tempo unseres Zeitgeistes entwickelt hat. Seine einst gefürchtete Vitalität und Spontaneität veranlaßte den Solobratscher der Münchner Philharmoniker zu der Aussage: "Manchmal ist er ja erstaunlicherweise in der Lage, lauter zu brüllen als das ganze Orchester im Fortissimo." Was mag das für ein Mensch sein, der einem jungen, anerkennungsbedürftigen Hornisten schonungslos klar macht, daß sein Solo eher eine "gepanzerte geflügelte Kuh" suggeriere, als eine zu veranschaulichende "diebische Elster" (Rossini), der aber auch vor bereits voll konzentriertem Orchester den Taktstock wieder senkt und seine Bewunderung für das hervorragende Musizieren blutjunger Musiker der Orchesterakademie Schleswig-Holstein mit einer zum Herzen führenden Handbewegung bekundet? Es ist bestimmt ein zweckloses Unterfangen nach den Widersprüchen im Inneren dieses Mannes, der elf (11) Sprachen spricht, alle 130 Musiker der Münchner Philharmoniker beim Namen nennt, bis auf Begleitungen alles auswendig dirigiert, und den Zen-Buddhismus als wichtigen Baustein  seines Selbstbewußtseins betrachtet, zu suchen. Sie sind aber allemal ein Anregungsfaktor, um auf die Vergangenheit des oft als Guru bezeichneten Maestros Sergiu Celibidache neugierig zu sein.
Wann wurde Sergiu Celibidache geboren? Das Rätselraten beginnt schon mit dem genauen Geburtstag des Maestros. Mein Gott, der Mann lebt ja noch, also wird er es ja wissen. Die Musikkritiker und Lexikographen sind sich allerdings uneinig. Im Musikführer "Musik des 20. Jahrhunderts", Kiesel Verlag, 1985, wird als Celibidaches Geburtstag der 28. Juni 1912 angegeben. Das gleiche Datum ist in Ausgaben des DONAU KURIER (vom 15./16.2.'92, 2.6.'92 und 29.6.'92) und der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG (vom 27./28.6.'92 und 29.6.'92) zu entnehmen oder abzuleiten, während der DONAU KURIER vom 2. April 1992 den 11. Juli 1912 als Tag von Celibidaches Geburt angibt. Der gleichen Meinung ist auch der Schriftsteller Klaus Weiler in einem im Jahrbuch der Münchner Philharmoniker (1988/89) veröffentlichten Essay über Sergiu Celibidache. Das rumänische Wochenblatt EXPRES MAGAZIN gibt wiederum den 28. Juni als Celis Geburtstag an. Auf diesen Tag waren auch die Festlichkeiten in München zum 80. Geburtstag des Maestros angelegt. Unbestritten bleibt der Geburtsort: die rumänische Stadt Roman. Celibidache lebte und lernte die ersten 24 Jahre seines Lebens in Jassy, Bukarest und Paris.
Als er 1936 nach Berlin kam, setzte er seine Mathematik-, Philosophie- und Musikstudien an der Musikhochschule und an der Friedrich-Wilhems-Universität fort. Am 29. August 1945 dirigierte Celibidache zum ersten Mal die Berliner Philharmoniker. Wilhelm Furtwängler und Herbert von Karajan hatten Berlin vor Kriegsende verlassen und warteten im Ausland auf ihre Entnazifizierung. Celibidache wurde als ein vom Himmel gesandter Retter in der zerstörten Stadt gefeiert. Er war der erste Künstler des Landes, der eine Lizenz von den Alliierten für alle vier Besatzungszonen bekommen hat. Als Musiker war Celibidache die unumstrittene und überschwänglich gefeierte Nr. 1 in Berlin. Seine menschliche Seite betrachtend, muß man ihm heute noch seinen persönlichen Einsatz für die Entnazifizierung Furtwänglers hoch anrechnen. Im Winter 1946/47 entwarfen Furtwängler und Celibidache gemeinsam eine Entlastungsstrategie, die schließlich zum Erfolg führte und den Berliner Philharmonikern ihren langjährigen Chefdirigenten Furtwängler wieder zurückbrachte. Bis 1952 war Celibidache der Leiter des Orchesters und Furtwängler stets umjubelter Gastdirigent auf Konzertreisen der Philharmoniker. Dann tauschte man die Rollen. Furtwängler wurde zum ständigen Dirigenten auf Lebenszeit gewählt und Celibidache blieb durch mehrere Gastkonzerte pro Jahr dem Orchester verbunden. Am 30. November 1954 starb Wilhelm Furtwängler, aber nicht Sergiu Celibidache wurde, wie es der Logik der eben verstrichenen neun Nachkriegsjahre entsprochen hätte, zum Nachfolger erkoren, sondern Herbert von Karajan. Und Celibidache ging, um erst nach fast 38 Jahren am 31. März 1992 mit Anton Bruckners siebter Symphonie ans Pult der Berliner Philharmoniker zurückzukehren und mit dem Benefizkonzert zugunsten rumänischer Kinderheime einen fantastischen Triumph zu feiern. Wie ein Komet war er in der Berliner Musikszene aufgetaucht und wieder verschwunden. Celibidaches Wirkungskreis wurde nach Berlin so groß, daß Karajans Schatten ihn eigentlich nie erreichen konnte. Von Skandinavien, über Italien, Frankreich, Deutschland, England, Südamerika bis Israel war Celi stets ein gefeierter Star.
Seit 1979 ist Celibidache Generalmusikdirektor der Stadt München und Chefdirigent der Münchner Philharmoniker. Seine Weltanschauung, Musikauffassung und sein Arbeitsstil haben seither dieses Orchester geprägt und zu Weltruhm geführt. "Der Ton ist noch keine Musik, er kann zu Musik werden . ... Eine Probe ist eine Summe von unzähligen Nein. Es gibt Millionen von Nein und nur ein einziges Ja. ... Musik dauert nicht." Diese Worte Celibidaches sagen viel über den Sinn der intensiven Proben mit seinem Orchester aus. Seine Bruckner-Aufführungen werden mittlerweile rund um den Globus als einmalige Musikerlebnisse gefeiert. Man muß aber live dabei sein, denn, wenn Musik nicht dauert, ist sie für Celi auch nicht konservierbar, also auf Tonträger nicht verbannbar. Es wird wohl auch in Zukunft keine Studioaufnahmen unter Celibidaches Stabführung geben. Wenn er dirigiert, schafft er nur "Bedingungen, unter denen Musik entstehen kann". Und die sind einzigartig. Das gleiche Werk in einem anderen Konzertsaal, in einer anderen Zeit kann nicht dasselbe Hörerlebnis vermitteln. Es ermöglicht ein völlig anderes Musikempfinden. "Die Entsprechung zwischen Klang und innerem Leben des Menschen macht Musik möglich." Weder Klang noch inneres Leben sind dauerhaft. Sie müssen immer von neuem zusammenfinden. Celibidache will zurück zur Natur. Er kämpft mit zwar weiser Zeitökonomie, aber trotzdem jugendlich wirkender Kraft für die Rettung der wahren Musik vor dem Klangbetrug der Studioelektronik. Wer wahre Musik liebt, kann dem Maestro gar nicht genug Durchhaltevermögen für die Zukunft wünschen.
"Hinaus und fort nach immer neuen Siegen, / Solang der Jugend Feuerpulse fliegen!" Diese Verse Nikolaus Lenaus stehen als Programmvorspruch auf der Partitur der Tondichtung für großes Orchester "Don Juan" von Richard Strauss. Celibidache nahm dieses Werk in der Konzertsaison 1988/89 mit nach Amerika, auf eben den Kontinent, auf dem Lenaus Versuch scheiterte, materielle Sicherheit für sein geistiges Schaffen zu finden. In der CHICAGO SUN TIMES war zu einer Don-Juan-Aufführung zu lesen: "Dann war da deutsche Musik, Strauss' vielgespielter 'Don Juan' in einer Darstellung, die die meisten anderen Wiedergaben dieser Partitur schnell, glatt, unflexibel und ohne Sinnlichkeit erscheinen lässt. Das war der wahre Don Juan des Gedichts von Nikolaus Lenau."
Niemand hat so eindrucksvoll wie der Maestro aus Osteuropa deutsche Musik in allen Konzertmetropolen dieser Erde gestaltet. Was könnte uns über die unsichtbaren Wellenlängen von Geist und Gemüt mit diesem Mann verbinden? Vielleicht sind es die gleichen Schicksalsempfindungen, mit denen Menschen leben, wenn sie ihre Heimat verlassen haben, um nie oder nur als Gast wiederzukehren. In einer astrologischen Durchleuchtung der Persönlichkeit des Maestros ist auch Folgendes festgehalten: "Gleichzeitig ist die Position von drei Planeten und der Sonne in IX der deutliche Hinweis, daß dieser Lebenserfolg für Celibidache nur im Ausland (Bereich IX) möglich war."
Ein großer Dirigent und Pädagoge - allerdings nicht im traditionellen Sinn von Erziehung, sondern als Kunstvermittler mit eigenen originellen Methoden - wurde 80 Jahre alt. Von seiner Persönlichkeit geht aber nach wie vor eine ungebrochene Faszination aus. Bernd Maltry, Sohn eines Banater Schwaben, erfolgreicher Dirigent und Dozent, der Celibidaches Dirigentenkurse besucht hat, sagte mir hinter verschmitztem und deutbarem Lächeln: "Ich bin als Celibidaches Schüler immer voll inspiriert nach Hause gegangen." Celi wird auch weiterhin unsere Phantasie anregen. Darum sei im Reigen der vielsprachigen Glückwünsche auch unsererseits ein herzliches "La mulţi ani!" ausgesprochen.
Sergiu Celibidache wurde anläßlich seines Geburtstages zum Ehrenbürger der Stadt München ernannt und bekam das "Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland" verliehen.
Mark Jahr
aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 1. November 1992

Dienstag, 18. März 2014

Meister auf Mähdrescher und Flügelhorn

MICHAEL RÜCKERT seit 27 Jahren Traktorfahrer

"Wenn wir hier zehn solcher Männer hätten...", sagt uns nachdenklich Dipl.-Ing. Nicu Ion, während wir an einem sonnigen Maimorgen übers Stoppelfeld in der Nähe Jahrmarkts stapfen. Am Horizont ein Mähdrescher. Vor uns ein unendliches, goldgelbes Rapsfeld.
Der Mann kletterte vom Fahrersitz: Michael Rückert, Jahrmarkter, seit 27 Jahren in der hiesigen SML tätig. Der Mittvierziger hat hier 1950 als Traktorist angefangen. "... und bin bis heute geblieben." Sein Leben ist mit seinem Arbeitsplatz und seiner Heimatgemeinde eng verbunden. "Den Traktor habe ich immer gemocht, insbesondere wenn ich mit ihm allein die Felder ackerte und seine Kraft spürte." Heute sitzt Michael Rückert am Steuer eines Mähdreschers. Eine Bauernwirtschaft ohne Maschinen kann er sich kaum noch vorstellen. Auf seine Kombine E 280 ist er stolz wie früher ein Bauer auf sein Paradepferd. "Das Ding kommt aus der DDR und funktioniert wie eine Uhr. Was aber nicht bedeutet, dass ich nicht mal den Schlüssel ansetzen muss. Hauptsache ist, ich weiß wo. Wer sein Fahrzeug nicht kennt, sollte auch nicht fahren dürfen." Und lächelnd fügt er hinzu: "Mein Mähdrescher muss so in Ordnung sein wie mein Flügelhorn."
Und damit ist das Stichwort für Michael Rückert gefallen: das Flügelhorn. Seit 30 Jahren stellt er seinen Mann in der bekannten Jahrmarkter Loris-Kapelle. Das Flügelhorn gehört zur Familiengeschichte. Schon der Urgroßvater und der Onkel hatten zeit ihres Lebens nur eine Leidenschaft: das Flügelhorn. Dem jungen Michael ging es nicht anders. Von den zahlreichen Erfolgen der Loris-Kapelle weiß er besonders den ersten Preis zu schätzen, den man dieser in Bukarest 1972 im Rahmen des Landesfestivals "Cîntarea României" zusprach. "Die kürzlich abgeschlossene Siebenbürgentournee war für uns alle ein besonderes Erlebnis. Eine schöne Erinnerung. Am besten hatte es mir in Neppendorf gefallen. Die Leute dort haben eine Kapelle, die sich sehen und hören lassen kann. Viele Neppendörfer sind jetzt unsere Freunde. Sie könnten doch auch mal zu uns kommen. Das wäre herrlich. Musikanten müssten sich von Zeit zu Zeit treffen."
Musik hat zwar den Vorrang in der Freizeit Rückerts, aber: "Zurzeit helfe ich meinem Vater am Haus, denn Sie wissen ja, der Schwabe, fühlt sich nicht wohl, wenn er nicht ein bißchen an seinem Haus herumbastelt..."
Rückerts Frau ist im Haushalt beschäftigt. Beide Söhne sind schon erwachsen. Martin (24) ist als Matrizenschlosser in Jahrmarkt tätig. Josef besucht die neunte Klasse des Temeswarer Industrielyzeums Nr. 8. "Der Josef möchte am liebsten den ganzen Tag auf dem Mähdrescher sitzen."
Michael Rückert gehört in der SML Jahrmarkt zu den Besten. Bereits 1956 bekam er den Titel eines Bestarbeiters zugesprochen. Ja, wenn es doch mehr dieser Männer hier gäbe...
Balthasar Waitz

(Die Fotos stammen aus dem Film "Gruß aus Jahrmarkt")

aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, 12. Mai 1979

Donnerstag, 13. März 2014

Lauschen, staunen, verstehen

 Die Musikanten hatten schon ihre Instrumente an den Lippen, da winkte der Kapellmeister, mit einer halben Drehung zur Tanzfläche, wieder ab, und die Bläser der Bayern-Kapelle waren ihrem Chef sichtlich dankbar, drang doch eine in Text und Melodie unbekannte Volksweise zu ihnen auf die Bühne. In der Saalmitte hatte sich während einer Tanzpause spontan ein Kreis von Männern und Frauen gebildet, die sich Arm in Arm oder Arm um Schulter, eng beieinander, wie ein im Winde wehender Kranz, ganz sachte, im getragenen Rhythmus des etwas wehmütig klingenden Liedes hin- und herwiegten. Was die Musikanten der Bayern-Kapelle des Hans Gabler an jenem Abend des 4. Juli 1992 so beeindruckte, waren uralte Volksweisen aus Wolfsberg, die die einstigen Wolfsberger und heutigen Traunreuter, Neutraublinger, Singener und Bürger anderer deutschen Städte auf ihrem Sommernachtsfest in Barbing/Regensburg zum Besten gaben.
Dieser geschlossene Kreis aneinandergedrängter Leiber und die Schwere, die diese gesungenen Melodien ausstrahlten, ließen die eher nüchtern empfindenden Musikanten die Ergriffenheit verstehen, von der die singende Gemeinschaft - auch viele von den an den Tischen Sitzenden sangen mit - erfaßt war. Hier gedachten Menschen ihrer für immer verlassenen Heimat und, wie Johann Sutter - der mit seiner Frau Marianne dieses Wolfsberger Sommernachtsfest organisiert hatte - vermerkte, auch der etwa 15 deutschen Familien, die noch in Wolfsberg ausharren und zu deren materiellen Unterstützung man bei diesem Treffen über konkrete Maßnahmen sprach.
Sicher war es ein Fest wie alle Treffen unserer Landsleute, zu dem ein Festgottesdienst - hier von Pfarrer Rabel aus Neutraubling zelebriert - und Begrüßungsansprachen genauso gehörten wie die von Wiedersehensfreuden geprägte Geselligkeit. Sollte es etwas anders gewesen sein, dann konnte es nur das gegenseitige Verständnis zwischen bayerisch aufspielenden Musikanten und Zeppelpolka tanzenden Menschen aus dem fernen, von uns allen so liebgewonnenen Banater Bergland sein.      
                                                                                                         Anton Potche

aus BANATER POST, München, 20. September 1992

Dienstag, 11. März 2014

Banater Klänge erfreuen Tausende Herzen

 Gastspielreise der Loris-Kapelle und des Schubert-Chors - ein einmaliges Erlebnis / Über 2000 Zuschauer bei vier Konzerten

Die fünftägige Siebenbürgen-Tournee (28.IV: - 2.V.) der Jahrmarkter Loris-Kapelle und des Temeswarer Schubert-Chors führte die 100 Banater Musikanten und Sänger durch vier stattliche Ortschaften des Kreises Sibiu: Großau, Neppendorf, Schellenberg und Großscheuern, wo die Gäste aufs herzlichste empfangen wurden. Den Vorstellungen wohnten über 2000 Zuschauer bei - Jung und Alt füllten die großen Säle und geizten nicht mit Beifall. Die Banater Gäste hatten für alle etwas bereit von der schmetternden Marschmusik über die einfühlsam vorgetragene Volksweise, vom Walzer und Polka bis zum amerikanischen Negro-Song. Die Blaskapelle spielte unter der Leitung ihres Dirigenten Prof. Matthias Loris nebst bekannten Walzern und Polkas anspruchsvolle Vortragsstücke. Sie eröffnete jeweils das Konzert mit dem Marsch Gruß aus Jahrmarkt, eine Komposition des Begründers der jetzt 70-jährigen Kapelle, Peter Loris.
Der Chor - der heute mit einem Festkonzert im Temeswarer Jugendhaus sein 10-jähriges Bestehen feiert - trug unter Dirigent Prof. Adrian Nucă- Bartzer sowohl Lieder aus dem klassischen Repertoire als auch Volks- und volkstümliche Weisen vor. Als Gegenstück zum Eröffnungslied Banater Land, Heimatland beschloss der Chor seine Darbietung mit Siebenbürgen, Land des Segens, ein musikalisches Geschenk für das Publikum, das immer wieder begeistert reagierte. Alle Anwesenden sangen - wie es hier Brauch ist - stehend die letzten Strophen mit. Besonders beeindruckten der Vortrag der Singgruppe des Schubert-Chors und die Solo-Einlagen von Walter Berberich und Erich Denes. Den Dritten Teil des dreistündigen Programms bestritten das Unterhaltungsorchester der Loris-Kapelle mit seinen Solisten Annemarie Loris, Erna Mathis, Eva und Matthias Stefan, Peter Pfeifer, Hans Eichinger und Niki Seibert
Einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen der Auftritte der Banater Laienkünstler hatte der unermüdliche Hans Kehrer, der durch seine einfühlsame, humorvolle Ansage immer wieder eine unmittelbare Verbindung zwischen Bühne und Saal herstellte. Der als Vetter Matz in Siebenbürgen ebenfalls bekannte Schauspieler und Schriftsteller bot auch eine Kostprobe banatschwäbischer Mundartlyrik: er trug das Gedicht die heed von Nikolaus Berwanger vor. Beim geselligen Zusammensein, das auf die Konzerte folgte, warteten dann die Gastgeber ihrerseits mit "Kostproben" auf - meist aus dem eigenen Keller. Und man muß Hans Kehrer zubilligen, der in einem Vergleich Jahrmarkt und die besuchten Ortschaften gegenüberstellte, wo es hier wie dort gute Musikanten und Handwerker gibt und wo man sich hier wie dort ebenso darauf versteht, einen guten Tropfen zu keltern. Es war eine Gelegenheit mehr, dem Zweck der Sache zu dienen und neue Bekanntschaften zu schließen, Freundschaften anzuknüpfen, Gedanken und Erfahrungen auszutauschen. Bestes Beispiel dafür war wohl das "Maianspielen" in Neppendorf, wo die Loris-Kapelle  mit der Ortskapelle am 1. Mai gemeinsam durch die Gassen zogen und manches Ständchen spielten. Nicht weniger erlebnisreich war der Abstecher der Chormitglieder nach Michelsberg, wo diese einfach aus Freude am Gesang auf der "Promenade" einige Lieder für Dorfbewohner und Ausflügler sangen - ein kleines Wunschkonzert mit dankbarem Publikum. Es hatte sich schnell herumgesprochen, wer die Sänger sind und bei der Abendveranstaltung in Neppendorf waren auch Michelsberger zugegen. Es blieb nicht bei einem Abstecher, der Wunsch, Land und Leute näher kennenzulernen, führte die Banater Gäste ins Kokeltal, wo sie Frauendorf, die Kirchenburg in Wurmloch und Schässburg besichtigten.
Die aus dem Banat mit seiner vielbesungenen Heide kommenden Gäste konnten einen Teil Siebenbürgens mit seinen Burgen, althergebrachten Sitten und Trachten kennenlernen. Und noch mehr: Sie kamen aus dem heuer besonders kühlen Banater Frühling (wie Hans Kehrer in der Ansage andeutete) in das sonnige Bergland, mitten in die Apfelblüte hinein. Und ebenso wie die Natur war auch die Gastfreundschaft - warmherzig und großzügig. So nimmt es nicht Wunder, dass beiderseits bei jeder Verabschiedung immer wieder der Wunsch ausgesprochen wurde, derartige Begegnungen auch in Zukunft nicht nur in Siebenbürgen sondern auch im Banat zu veranstalten - entsprechend dem Dichterwort: "Wo man singt, da lass dich ruhig nieder..."

   Stimmen aus dem Publikum

Wilhelm Stirner, 36, Musikprofessor am Pädagogischen Lyzeum Sibiu: "Das Repertoire der Blaskapelle und des Chors ist umfangreich, es enthält für jedes Alter etwas. Die Blaskapelle hat in Neppendorf die geeignetsten Blasmusikkenner gefunden und sich bewährt. Die Zusammenstellung der Liederfolge ist gut, vom klassischen bis zum Volkslied. Der Chor hat in letzter Zeit spürbare Fortschritte gemacht, er hat Kammerchor-Effekte."
Samuel Beer, 44, stellvertretender Direktor des Pädagogischen Lyzeums Sibiu: "Ich freue mich, zwei namhafte Banater Laiengruppen gehört zu haben. Hut ab vor Chor und Blaskapelle! Sie boten ein gediegenes Programm dar, beide sind starke Klangkörper. Die Mitglieder zeigen viel Begeisterung."
Maria Gierlich-Gräf, 48, Hausfrau, Großscheuern: "Das Konzert war einzig in seiner Art. Ich finde keine Worte, um die Leistung der Banater Gäste entsprechend zu würdigen. Der Chor brachte gepflegte Musik zu Gehör, vom jungen Dirigenten kann man viel erwarten.
Michael Guist, 29, Professor, Großscheuern: "Die beiden Laiengruppen sind bekannt, doch haben sie unsere Erwartungen weit übertroffen. Das Konzert bot Anlass zu einem Erfahrungsaustausch. Wir begrüßen die Initiative, solche Gastspielreisen zu veranstalten und hoffen, bald zum Gegenbesuch ins Banat zu kommen."
Michael Renten, 55, Vorstand der Großauer Blaskapelle; "Ich habe nur Lob für die Jahrmarkter Musikanten, ich war schon in der Banater Großgemeinde, kenne die Kapelle und trotzdem haben die Leute mich angenehm überrascht. Alles bis aufs Kleinste war ausgefeilt und sauber. Der Chor beeindruckte mich mit seinem Piano und Pianissimo."
Dipl.-Ing. Edda Schneider, 36, Sibiu, ehemaliges Schubert-Chor-Mitglied: "Wenn der Chor auch zahlenmäßig kleiner geworden ist, von der Qualität her ist er im Vergleich zu vor fünf Jahren merkbar gewachsen. Alles in allem ein ausgewogenes Programm, ein schönes Erlebnis."
Maria Schuller, 56, Prof. i. R., Großau: "Obzwar das Musikleben bei uns gut entwickelt ist, können wir uns mit dem, was geboten wurde, nicht vergleichen. Es war ein Ansporn für uns und wir möchten, dass solche Austausche mehr gefördert werden. Spiel und Gesang waren gleich gut und die Zuschauer sind begeistert mitgegangen. Das Repertoire umfaßt Bekanntes, aber auch viel weniger bekannte Stücke - ein Lob für beide Dirigenten."
Matthias Hubner, 38, Kapellmeister der Neppendorfer Blasmusik: "Ich möchte sagen: großartig - sauber, genau, und sehr gefühlvoll. Wir wußten einiges von der Jahrmarkter Loris-Kapelle und auch vom Schubert-Chor, und wollten sie hören. Was sie geboten haben, war einmalig. Wir begrüßen den Besuch  und würden ihn gerne erwidern."
Redaktion der Seite: Helmut Menning, Ludwig Klein; Fotos: Wilhelm Lörch

aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, 8. Mai 1979

Donnerstag, 6. März 2014

Gsung un geblos im Saxeland (Fragment)

vum Vetter Matz vun Hoppsenitz

Hans Kehrer
alias
Vetter Matz vun Hoppsenitz
Un holt mer sichs noch so gut vor: Mit Ufregung un Nerve is die Reise angang! Der Bus for die Johrmarker Loris-Kapell wor pinktlich, der for de Schubertchor is mit nor 90 Minute Verspätung angerickt. Am Stadtrand wor er schun perfekt defekt - bis e anre kumm is, sin nochmol 90 Minute vergang un die Nerve han schun getobt.
Awer rechtzeitich sin mir alli in Großau ankumm - un uf des kummts an! Die Loris-Kapell hat geblos, de Schubertchor hat sei schenschti Lieder gsung, die "Leichti Formazion" mit ihre Soliste hat de Abschluss gemach -, des wor alles in Ordnung un hat de Leit arich gfall. Nohher tanze, stärke un de Dorscht lesche. Die Großauer han sich wille entschuldiche, dass bei ihne des Klima so rauh is un dass deswje dort nor "Dreimännerwein" waxt. E etwas saure, resche. (Zwaa Männer misse eem hale, eener tut schitte, annerscht kann mer de net trinke, oder besser: trinkt ne keener.) Awer der Großauer wor net so, den kann mer noch lowe - der is for Männer! Na, un Sänger un Musikante, die han noch immer e gute Zug ghat!
Was mache gscheite Schwowe, wann se im Saxeland sin? Sie schaue sich um. Do stoßt mer jo uf Schritt un Tritt mit der Nas uf die Geschichte! Un so is de Schubertchor uf die "Michelsburg" gfahr, dorthin, wu aa die Kersche so scheen blieje. Uf die Burg sin se nuf, han gsung - sogar for alti Leit im Dorf, weil die se scheen gebitt han. (Un weil die alti Leit immer derhem hucke misse un seltn etwas gsiehn un heere.)
Die Johrmarker Musikante han die "Stadt am Zibin" grindlich gstudiert... Gewohnt han die Sänger un Musikante in zwaa Internate, un de Professer Hans Speck wor des Totumfaktum for alles - als Kulturheimdirektor un Hauptorganisator. Kaum wor er in der erschti, korze Nacht ingschlof, kummt schun eene vun dene junge, weltunerfahrene Musikante un weckt ne uf: "Herr Professer, des Licht ufm Korridor steert mich."
"Na, machs doch aus!" - "Wu dann?" - Na, wu!? Such de Schalter!"
Der jungi Mann is weg, de Professer Speck is sofort ingschlof. Noh zehn Minute kummt der jungi Mann nochmol, weckt ne uf un saat: "Ich hun de Schalter gfun uns Licht ausgemach!" De Hans Speck war zu mied, for e Dunnerwetter loslosse!
Wie die Johrmarker un de Chor in Neppendorf ingfahr sin, hat dene ihre Musich schun gewart un de Marsch ingschlaa! Begrießung, Anred, Patschhand - un dann des Programm!
Leit, was e Saal, so 800 oder mehr Persone drin, mer hat nimmi trete kenne! Am zwete Tach is de Chor uf Schässburg gfahr un uf Wurmloch (wu mer awer die Einwohner net "Wurmlöcher" nenne derf!), wu e scheeni alti Kercheburg is, un die Johrmarker sin uf "Michelsburg". Dort is es no passiert! Wie die Musikante aus ihrem Bus steije, kummt so e dreijähricher Sax uf de eene Posaunist, de Vetter Franz, zu, zoppt ne am Iwerziejer un ruft: "Tata! Tata!" Unser Vetter Franz hat mol Aue gemach, de Kerl angschaut wie die Kuh s' neii Tor un sich gfroot, wieso er do so bekannt is! Die anre Musikante han natierlich gelacht, die Motter vun dem Kleene is gelaaf kumm un hat uf Saxisch gsaat: "Des is net dei Vater." Awer de Vetter Franz muss dem Kleene sehr gut gfall han, der hat gar net wegwille. Oder wor des "Die geheime Stimme des Blutes?"
Natierlich hats glei solchi gin, was behaupt han, de Vetter Franz hätt do vor vier Johr sei Urlaub verbrung, oder wor er  wenichscht in "Delegazie" do! Er hats gelaichlt un laichlt noch immer. (Ich saa: Sei Weib werd schun rauskrien, was do Wohrheit un was Zufall is!) Ja, do muss mer saan: Wie weit muss doch die Verbriederung zwischen Saxe un Schwowe fortgschritt sin, wann so etwas schun vorkummt!
Mer kann jo net alles ufzähle, was uf so eener Reise alles passiert. Awer scheen wors, wie die Johrmarker mit de Neppendorfer Musikante dorch die Gemeinde marschiert sin un mitnaner, wie een Kapell, de Mai angeblos hun! Des is dort so Sitte: Schun um vier Uhr morjets gehn die Musikante dorch die Gasse un spiele. Wer se dann in de Hof ruft un sich paar Extra-Sticker winscht, muss noch extra in de Sack greife. So gets manichsmol Owed, bis des ganzi Dorf dorchgekehrt is. Die Johrmarker han erscht zu Mittach angfang un wore bal drei Stun beim Maianspiele drbei. Un weil grad e großi Hochzeit wor, han die Landler die ganzi Musich uf eemol ingelad. In die Hef han se misse - do wor schun bal ke Loskumme mehr!
Schellenberg war am dritte un Großscheuern am letschte Tach an der Reih. Dort han mir die Mundartdichterin Maria Gierlich extra begrießt, un de Schubertchor hat for sie e scheenes Volkslied gsung. Un wie des Baureweib no hochdeitsch gedankt hat - ja, do hat mer horche kenne!
De Pipatsch-Schef, was die ganzi Reise angstift hat, hat iwerall vor- un nohgschaut, ob alles gut geht un jeder ufm Fleck is.
Ich selwer, als Ansager, han jo e schweres Lewe ghat, dreimol aus- un wiedrum anzieje in eem Programm, des is schun mehr wie e akrobatisch Iewung! [...]



aus NEUE BANATER ZEITUNG/PIPATSCH, Temeswar, 6. Mai 1979

Dienstag, 4. März 2014

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 42

Noh Hoom laafe alle arme Leit ehre Pheer.
☻     ۩     ☺
Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999)