Dienstag, 29. März 2016

Vergangenheit und Gegenwart im Kaindl-Archiv

Archiv (griech. archeion, lat. archivum = urspr. Amtslokal), 1) Sammlung von Schriftstücken aus öffentlichen oder privaten Verwaltungen. - 2) Aufbewahrungsort dieser Schriftstücke. So wird das Wort "Archiv" im Lexikon erläutert. Nun ist das Kaindl-Archiv weder das eine noch das andere im wahren Sinne des Wortes, aber trotzdem auch beides zugleich im übertragenen Sinn; es ist der Titel einer Zeitschrift des Bukowina-Instituts für den Kulturaustausch mit den Völkern Mittel- und Osteuropas. Wer die Nr. 20/1994 dieser Vierteljahresschrift durchblättert, wird schnell erkennen, daß die Bezeichnung Archiv der Thematik, die die Zeitschrift behandelt, gerecht wird, beziehen die meisten Beiträge sich doch auf Ereignisse und Menschen, deren Zeiten längst nur noch dank existierender "Sammlungen von Schriftstücken aus öffentlichen und privaten Verwaltungen" für uns zugänglich sind.
Der erste Text dieser Ausgabe wurde bereits 1906 in Czernowitz veröffentlicht. Die Allerseelenstudie von Franz Porubsky macht deutlich, daß Lebensgewohnheiten und menschliches Verhalten oft selbst von so markanten Gesellschaftsveränderungen, wie das ausklingende Jahrhundert sie erlebt hat, kaum geprägt werden.
Die folgenden Beiträge wurden von Eduard Schneider, Robert Rohr und Carsten Eichenberger verfaßt und in der Vortragsreihe des Bukowina-Instituts Die Deutschen im Osten vorgetragen. Die drei Abhandlungen zeugen von der Mannigfaltigkeit ostdeutscher Thematik, die natürlich auch den einstigen vor- und nachtrianonischen Lebensraum der Deutschen Südosteuropas umfaßt. Die Lenau-Ausstellung im Bukowina-Institut (Schneider), Bayern und seine Donauschwaben (Rohr) und Die Deutschen in Polen haben zwar wenig miteinander aber jeweils viel mit deutscher Kultur und Geschichte zu tun.
Claudius von Teutul veröffentlicht Die ersten Informationen aus evangelischen Kirchenbüchern über Ansiedler in der Bukowina. Dabei darf man nicht an Kirchenbücher der Banater Pfarreien mit Angaben zu "getauft", "verheiratet", "gestorben" denken. Es handelt sich lediglich um Listen von Kommunikanten aus dem Jahre 1787.
Lesenswert und für andere Staaten Ost- und Südosteuropas - auch für Rumänien - besonders empfehlenswert ist der Beschluß der Obersten Rada der Ukraine über Inkraftsetzung des Gesetzes der Ukraine Über die nationalen Minderheiten in der Ukraine. Das Übersetzen solcher Dokumente in deutschen Periodika ist sinnvoll, übermitteln sie doch auch (zumindest im Ansatz) Weltanschauungen der Staatsmänner anderer Völker. Inwiefern diese sich allerdings im Alltag niederschlagen, steht sicherlich auf einem anderen Blatt.
Mit einer Bücherschau wird das Kaindl-Archiv Nr. 20 abgeschlossen. Für die Redaktion zeichnen Dr. Ortfried Kotzian, Dr. Adolf Armbruster und Luzian Geier (verantwortlich). Zu beziehen ist die Zeitschrift zum Preis von 10 DM (zuzüglich Porto und Versand) vom Bukowina-Institut, Alter Postweg 97a, 86159 Augsburg, Tel. 0821/577067, Fax 0821/582607.
Anton Potche

aus BANATER POST, München, 5. Mai 1995

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