Dienstag, 30. August 2016

Die Blasmusik bleibt ein Kulturgut der Banater Schwaben

Berufsmusiker spielen zum ersten Mal gemeinsam auf
Ein außergewöhnliches Blasmusikkonzert fand im Rahmen der 8. Kultur- und Heimattage der Banater Schwaben in Würzburg statt. Versucht man den Entstehungsprozeß einer solchen Kulturproduktion chronologisch festzuhalten, so muß man gerechtigkeitshalber zuerst nach den Köpfen Ausschau halten, in denen die Idee dazu entstanden ist. Schon vor vielen Monaten träumten unruhige Geister unserer landsmannschaftlichen Führungsgremien, vor allem Peter Krier und Franz Andor, von einem Blasmusikkonzert. Das Außergewöhnliche dieser noch vagen Vorstellungen lag in der Substanz, die das Orchester auszeichnen sollte. Man stellte sich ein Blasorchester vor, dessen Mitglieder aus dem Banat stammen, zumindest ein Musiklyzeum/-gymnasium besucht haben und zur Zeit haupt- oder nebenberuflich als Musiker/-innen tätig sind. Das klang natürlich gleich nach einem künstlerisch hochdotierten Profi-Ensemble, das es bekanntermaßen ja nicht gibt, aber - und hier ruht der wertvolle Kern des Urbildes - für ein Konzert entstehen könnte. Als dann an einem Sonntagmorgen Peter Krier die Telefonnummer von Mathias Loris wählte, hatte er die richtige Intuition, denn auch im Hinterkopf dieses in der Jahrmarkter Blasmusiktradition tief verwurzelten Musiklehrers schlummerte schon lange ein ähnlicher Gedanke. Der Funke zündete. Loris ließ seinem organisatorischen Talent freien Lauf - worüber sich mit Sicherheit sogar die Deutsche Telekom freute - und brachte ein 36 Frau/Mann starkes Blasorchester auf die Bühne des Congress Centrums Würzburg.
Aus allen Teilen Deutschlands, von Celle bis Bad Reichenhall, waren die Musiker/-innen an diesem hochsommerlichen 8.Juli angereist. Was sie dann vorfanden, war kein kühler, konzentrationsfördernder Konzertraum, sondern ein an der Sonnenseite gelegener, 40 qm großer Umkleideraum, in dem sich eine unerträgliche Hitze staute und der als Proberaum genutzt werden mußte.
15.00 Uhr. Die Probe beginnt. Die ersten Takte klingen unsicher. Man kennt sich zwar, muß sich aber musikalisch aneinander gewöhnen. Loris ermuntert, gibt selbst einen zögerlichen Einsatz zu. Schließlich ist das nicht seine Kapelle. Hier sitzen ebenbürtige Kollegen. Der Dirigentenstab hämmert aufs Pult. Noch einmal von A, doch ohne dal segno. Die Zeit drängt. es wird immer besser. Musik entsteht, beginnt trotz der unmenschlichen Schwüle zu klingen, schön zu klingen. Die Tür zum Korridor steht offen, um ein wenig Durchzug zu schaffen. Eine vorbeieilende Frau - alle scheinen es an diesem Nachmittag eilig zu haben - bleibt brüsk stehen, lauscht, wirft einen Blick in den übervollen Raum und wendet sich an einen friedlichen Kiebitz: "Do kriet mer jo Gensehaut." Und das bei diesen Temperaturen.
Dann Pause. Endlich bringt jemand Getränke. Was hier abläuft, kommt einem Wunder gleich. Kaum einer schimpft, obwohl Grund genug da wäre. Zum Meckern ist keine Zeit. Erzählen, fragen, informieren, Meinungen austauschen, Erinnerungen auffrischen. Da stehen doch wahrlich drei Klarinettisten beisammen und jagen irgendwelche Tonleiter durch ihre mit komplizierter Mechanik bestückten Holzröhren. "Der Neu war schon immer Schnell", zollt Stritt seinem Kollegen Anerkennung. Die vergessen alles um sich, wenn's um die Musik geht. Irrsinn! Der schönste der Welt.
Probe, zweiter Teil. Böhmische Blasmusik. Man kommt schneller voran. Die Solisten sind gänzlich verschwunden. Ein Klangkörper ist entstanden, zusammengeschweißt im wahrsten Sinne des Wortes.
Foto: Helmut Graf
21:00 Uhr. Mit einstündiger Verspätung - Politik beeinflußt unser Leben - beginnt das Konzert. Was nach einem bereits bewältigten Zwölf-Stunden-Tag mit Tanz, Marsch, Lied und Festreden wohl niemand mehr für möglich gehalten hätte, trat wirklich ein. Das Auditorium wurde aufmerksam. Schon die imposante dreistufige Orchesterarchitektur - Loris kennt sich aus - fesselte die Blicke. Die Fanfare in Marschform von Josef Ascher (1829 bis 1869) gibt den Musikern die nötige Sicherheit. Es klingt gut, kompakt, berauschend im Fortissimo, gefühlvoll im Pianissimo. Sogar die einzige Flöte kommt durch. Gut. Das Programm ist anspruchsvoll, ohne die Zuhörer zu strapazieren. Franz von Suppés (1819 bis 1895) Ouvertüre Leichte Kavallerie erklingt sehr nuanciert. Man spürt das professionelle Musizieren besonders in den Tempi und in der breiten Lautstärkenpalette.
Der Konzertmarsch Zum Königstein von Richard Bartzer und der Walzer Du mein Banater Land von Nikolaus Maser können jedes Blasmusikrepertoire bereichern. Mathias Loris hat zweifelsohne eine richtige Auswahl getroffen, als er sich für die zwei Banater Komponisten entschied. Auch die hervorragende Darbietung des rumänischen Liedes Lino, Leano von Nicolae Ursu kommt beim Publikum gut an. Die Orchesterfassung dieser "motive populare româneşti" hat Loris selbst geschrieben.
Wie künstlerisch produktiv die jüngste Musikergeneration - die das Banat noch bewußt als geographische Heimat erlebt hat - ist, zeigen die Kompositionen von Franz Watz, Günther Friedmann und Mathias Loris. Ihre Walzer, Polkas und Märsche legen ein klares Zeugnis von der Sensibilität der Banater Schwaben für egerländer und böhmische Blasmusik ab. Franz Watz ist aber in La Donna divina auch als ein Meister der Blasmusikklassik zu erkennen.
22:30 Uhr. Konzertende. Rhythmischer Applaus. "Zugabe! Zugabe!" Zwei folgen: Alte Kameraden und Radetzky-Marsch. Peter Krier, Geschäftsführender Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Banater Schwaben, bedankt sich. Seine Idee wurde Wirklichkeit. Sein Dank, unser aller Dank und besondere Wertschätzung für eine hervorragende künstlerische Leistung gebührt den Musiker/-innen. Flöte: Helga Konyen (Banater Heimatort: Blumenthal, jetzige Wirkungsstätte: Musikschule Gerlingen); Klarinette und Saxophon: Richard Beisser (Großjetscha, Musikschule Schwäbisch Hall), Helmut Jung (Hatzfeld, Musikschule Raunheim), Walter Kindl (Deutschbentschek, Apian Gymnasium Ingolstadt), Martin Metz (Lugosch, Musikschule Sack), Johann Neu (Sackelhausen, Musikschule Ulm), Horst Reiter (Großjetscha, Musikschule Emmendingen), Otto Schmitz (Reschitz, Musikschule Ravensburg), Toni Schneider (Warjasch, Musikschule Trier), Josef Stritt (Saderlach, Musikschule Altensteig), Gerhard Stubner (Steierdorf, Musikschule Traunstein); Fagott: Traian Doru Murgu (Orawitza, Musikschule Lörrach); Flügelhorn und Trompete: Nikolaus Loris (Jahrmarkt, Engagementmusiker Karlsruhe), Peter Maser (Lenauheim, Musikschule Oldenburg), Josef Maurer (Hellburg, Musikschule Großberg), Karl Nagy (Temeswar, Musikschule Weißenburg), Peter Pesch (Jahrmarkt, ESWE-Werkorchester Wiesbaden), Hans Pitzer (Sackelhausen, Polizeimusikkorps Mainz); Tenorhorn und Bariton: Hans Breika (Temeswar, Philharmonie Ludwigshafen), Hans Kassner (Jahrmarkt, Polizeiorchester Wiesbaden), Helmut Pop (Dreispitz, Polizeiorchester Wiesbaden), Josef Wanyer (Jahrmarkt, Schwabenblaskapelle Rastatt); Posaunen: Uwe Schummer (Temeswar, Philharmonisches Orchester Bad Reichenhall), Georg Hromadka sen. (Temeswar, Rentner), Georg Reith (Deutschbentschek, Polizeimusikkorps Mainz); Waldhorn: Werner Gaug (Dreispitz, Polizeiorchester Wiesbaden), Hanno Hehn (Bogarosch, Audi-Werkorchester Ingolstadt), Michael Marki (Gilad, Musikschule Villingen-Schwenningen), Nikolaus Reinlein (Marienfeld, Musikschule Weißenburg), Franz Weissgerber (Tschene, Polizeimusikkorps Mainz); Baß: Alfred Bürger (Lowrin, Musikschule Celle), Heini Degrell (Triebswetter, Musikschule Rielasingen), Alfred Sutter (Deutschbentschek, Musikschule Aalen); Rhythmusgruppe: Georg Hromadka jun. (Temeswar, Musikschule Heidelberg), Viorica Siminescu (Buchenland, Musikschule Passau), Eckhart Stromer (Chicago-USA / Eltern aus Ulmbach, Student Konservatorium Würzburg); Dirigent: Mathias Loris (Jahrmarkt, Musikschule Ludwigshafen).
Anton Potche
aus BANATER POST, München, 5. August 1995


Dienstag, 23. August 2016

Mittwoch, 17. August 2016

Loris-Kapelle begeisterte Reschitza

DW - Reschitza. Der jüngste Besuch der Loris-Blas- und Unterhaltungskapelle fand hier auch diesmal einen vollen Saal. Die deutsche Operettengruppe hatte sich dieser Veranstaltung angenommen und im Handumdrehen 400 Karten abgesetzt. Die Jahrmarkter zeigten sich von der besten Seite: das Programm bestand aus bisher in Reschitza nicht gespielten Stücken. Dirigent Prof. Matthias Loris griff auf ein Musikstück zurück, Den Musikantenstreik, den sein Urgroßvater Peter Loris 1933 komponiert hatte. Er ergänzte das Repertoire auch mit einem Walzer des Temeswarer I. G. Stoica. Beide Stücke ernteten stürmischen Applaus. Die Kapelle bewies mit dem Potpourri aus der Oper Die Hugenotten von G. Meyerbeer, dass sie technisch anspruchsvolle Partituren rein und genau meistern kann. Das Unterhaltungsorchester brachte jugendlichen Schwung auf die Bühne. Zu schätzen ist die Orchestrierung der Schlager, die der Kapellmeister besorgt hatte. Lob gilt den Gesangsolisten Erna Mathis, Annemarie Loris, Annemarie Seibert, Eva Stefan, die auch Ansagerin war, Hans Eichinger, Peter Pfeiffer, Nikolaus Seibert und Michael Bild. Die Jahrmarkter boten einen Unterhaltungsabend, bei dem sowohl die älteren als auch die jüngeren Semester auf ihre Rechnung kamen und über den noch lange gesprochen wird. Am Samstag geht das gleiche Programm in Hatzfeld über die Bühne.

aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, 25. März 1980

Dienstag, 9. August 2016

Wenn die Tuba und das Klavier ...

In Jahrmarkt geborene Jugendliche erfolgreich bei "Jugend musiziert"
Mit welchen Erwartungen geht man eigentlich zu einer Tuba-Klavier-Darbietung? Ich gestehe, keine besondere Vorfreude auf einen musikalischen Genuß empfunden zu haben. Da überwogen doch deutlich Vorurteile, scheint das größte und weitläufig nur als Rhythmusbestimmer eingesetzte Blechblasinstrument doch völlig ungeeignet als Soloinstrument. Ein Ausflug in die Blasmusikgefilde sei ihm in einem Solopart dann doch mal gestattet. Aber in Begleitung eines Klaviers, der Königin der Instrumente schlechthin, die doch eher selbst brilliert, als da einem schwerfälligen Bombardon die Einsamkeit zu vertreiben, das erweckte in mir nicht mehr als Neugierde.
Meine Skepsis purzelte dann regelrecht, und das bereits nach den ersten Tönen. Da entwickelte sich in Frank Bencriscuttos (*1928) Concertino ein melodiereicher Dialog zwischen der Tuba und dem Klavier. In einem ergreifenden Andante religioso zeigte sich, wie einfühlsam eine Tuba klingen kann und wie zurückhaltend ein Klavier ein vergeistigtes Tuba-Thema zu einem metaphysisch angehauchten Höhepunkt - eigentlich als mitfühlende Partnerin - begleiten muß. Natürlich verschwand diese melancholische Stimmung alsbald und ging in ein beschwingtes Allegro über. Hier zeigte sich dann, was ein "Guter" aus der oft als träge verschmähten Tuba herausnehmen kann. Da folgte einem bemerkenswert lange anhaltenden, in Crescendo-Decrescendo-Modifikation bravourös gespielten Triller eine fulminante Triolenpassage, die nach einer kurzen Beruhigung in ein heroisches Finale mündete, das im Subcontra Es seine Krönung fand. Man spürte, daß dieses Stück der Tuba auf den Leib geschnitten ist. Ein Blick in die Partitur bestätigt dann auch diesen Einruck. Frank Bencriscutto ließ sich sechs Jahre Zeit (1963 bis 1969), um dieses einem ihm nahestehenden Tubisten gewidmete Werk zu vollenden. Um diesen Eindruck allerdings erwecken zu können, mußten der Solist und seine Begleiterin - welch ungerecht sprachliche Zuordnung - eine von jedweden sentimentalen (im Pianissimo) oder überexaltierten (im Fortissimo) Gefühlsduseleien entschlackte Spielweise finden, die dem Zuhörer mehr als Melodie und Gegenmelodie vermittelte. 
Quelle: BANATER POST, München
Trotz ihrer Jugend haben die beiden Gestalter dieses musikalischen Erlebnisses, Elke Loris (Klavier) und Siegfried Jung (Tuba), diese Spielweise gefunden. Daß sie diesen sehr lockeren, ja fast noch kindlich verspielten Stil auch unter Wettbewerbsdruck beim 32. Bundeswettbewerb "Jugend musiziert" beibehalten konnten, zeugt von der soliden musikalischen Ausbildung und pädagogischen Betreuung, die den zwei "Kids" zuteil wurde.

Siegfried Jung, Jahrgang 1979, wurde in Jahrmarkt geboren. Seine Kindheit durfte er schon in Osthofen verbringen. Als Achtjähriger versuchte er sich, wie viele seiner Altersgenossen, am Keyboard. Der Jahrmarkter / Osthofener Musiklehrer Mathias Loris brachte ihm die Grundkenntnisse der Tonkunst bei. Dem Beispiel seines Lehrers, aber auch dem seines Vaters, der auch einmal Trompete blies, folgend, griff der junge Jung zur Trompete. Nach drei Jahren Trompetenunterricht hatte er davon die Nase voll, langte nach der gewichtigen Tuba und hatte anscheinend sein Lieblingsinstrument gefunden. Der als Blasmusikfachmann bekannte Mathias Loris lenkte den begeisterten Jungen in die Richtung des professionellen Musizierens. Dazu gehört auch der Privatunterricht beim ebenfalls aus Jahrmarkt stammenden Musiklehrer und Tubisten Oswald Windrich. Siegfried Jungs Weg ins Junge Blechbläserensemble Mannheim und ins Sinfonische Jugendblasorchester Mannheim führte über den Kirchenmusikverein Osthofen und das Landesjugendorchester Rheinland-Pfalz. Der Schüler des Moll-Musikgymnasiums Mannheim ist auch bereits Mitglied im Deutschen Tubaforum e.V. Trotz dieser vielen Betätigungsfelder fruchtete auch die auf eine Solistenlaufbahn hinzielende Zusammenarbeit mit Elke Loris, der Tochter seines ersten Musiklehrers.
Elke Loris, Schülerin des Wormser Eleonoren-Gymnasiums , erlebte ihre ersten Kinderjahre in Jahrmarkt. Mit neun Jahren wurde sie vom Vater zum ersten Mal mit Begriffen wie Noten auf den Linien, Noten zwischen den Linien, Violinschlüssel, Baßschlüssel usw. vertraut gemacht. In der Musikschule Worms (Lehrerin: Frau Spitzreich) lernte sie dann die Herausforderungen und Reize des Klaviers kennen. Gewissermaßen in der Tradition ihrer Familie stehend, pflegt sie auch die Blasmusik. Im Kirchenmusikverein Osthofen, den ihr Vater seit zehn Jahren leitet, spielt sie Pikkoloflöte. Und weil Ungereimtheiten zur Faszination der Jugend gehören, sei eine solche auch aus dem musikalischen Werdegang der 17jährigen Elke Loris erwähnt: Sie hat sich nämlich noch nicht endgültig für die Musik als Berufsziel festgelegt.
Die sechs Juroren im Großen Saal der Stadthalle Fürth waren am 5. Juni von der künstlerischen Darbietung des jungen Duos überzeugt. Die beiden spielten auch eine Toccata von Girolamo Frescobaldi (1583 bis 1643) und die Romanze aus Wolfgang Amadeus Mozarts (1756 bis 1791) Konzert in Es-Dur für Horn und Orchester K.V. 447. Für dieses sehr anspruchsvolle Programm wurden in einer für jedes Instrument einzeln vorgenommenen Bewertung sowohl Elke Loris als auch Siegfried Jung mit je einem hervorragenden zweiten Preis ausgezeichnet. Der Weg für weitere Erfolge ist somit beschritten. 
Anton Potche
aus BANATER POST, München, 10. Juli 1995

Dienstag, 2. August 2016

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 78

De Arme ehre Brot schmeckt besser wie de Reiche ehre Kuche.

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Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999)