Es ist aus mehreren Gründen ein
gewagtes Unterfangen, eine Arbeit mit lexikalischem Gepräge über das Blas- und
Unterhaltungsmusikwesen der aus Rumänien in die Bundesrepublik gekommenen
Deutschen zu veröffentlichen. Erstens kommt niemand an den umfangreichen Werken
Robert Rohrs vorbei, ohne Gefahr zu laufen, sich des Plagiats verdächtig
zu machen. Zweitens scheint das Interesse an solchen Nachschlagwerken sich auf
Insiderkreise zu beschränken.
Stephan- Heinrich Pollmann
hat diese Gefahr anscheinend erkannt, als er das Buch Banatschwäbische - und
siebenbürger Blaskapellen und Musikgruppen in Deutschland verfaßte, denn er
hat versucht, eine Ergänzung der auf diesem Gebiet bereits geleisteten Arbeit zu
präsentieren, was der Untertitel seines Werkes auch kundtut: Werdegang und
Tonträgerverzeichnis der Musikgruppen. In einem gewollt aktualitätsbezogenen
Nachschlagwerk der hier behandelten Thematik verbirgt sich wiederum die Gefahr,
bereits überholt zu sein, wenn es seine Leserschaft erreicht. Das liegt an der
ständigen Personalfluktuation, der die Musikgruppen im harten Konkurrenzkampf
unterliegen. Eine solche Zeitdynamik muß aber sogar von einem BROCKHAUS in Kauf
genommen werden.
Was nun von Stephan-Heinrich
Pollmann vorliegt, ist ein durchaus nützliches 365 Seiten starkes
Nachschlagwerk, das einen geordneten Überblick über die LPs, MCs und CDs der
Blas- und Tanzkapellen, die von Flüchtlingen, Vertriebenen und Aussiedlern aus
dem ehemaligem Jugoslawien, Ungarn und Rumänien in der Bundesrepublik
Deutschland gegründet wurden, gewährt. Es gibt auch Informationen zur Entstehung
der Kapellen, zu den musikalischen Leitern der Gruppen und zu einigen
Komponisten. Wenn man das Buch dann zuschlägt, hat man die Fülle der Daten
natürlich nicht gespeichert, was insofern nicht schlimm ist, da man es mit Hilfe
eines gut konzipierten Inhaltsverzeichnisses schnell an der gewünschten Seite
wieder aufschlagen kann. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis verhilft
Wissensdurstigen weiter. Sowohl diese Quellenangaben als auch das Fehlen einiger
bei landsmannschaftlichen Veranstaltungen öfter anzutreffenden Kapellen
(allerdings ohne Studioproduktionen) zeigen, wie umfangreich die hier
angegangene Thematik ist. Die in den Hitlisten vorzufindenden und aus
Siebenbürgen und dem Banat stammenden Stars wären für dieses Buch bestimmt eine
Bereicherung gewesen. Peter Maffay und Mara Kayser sind gemeint,
auch wenn Letztere sich anscheinend schämt, in der Öffentlichkeit eine Banater
Schwäbin zu sein. (Ob man als "Saarländerin" wohl eine schönere Stimme hat?)
Stephan- Heinrich Pollmann,
Sohn eines Schager Landsmannes und einer Westpreußin, ist sich aber längst
bewußt, daß er sich einer nie endgültig zu bewältigenden Arbeit angenommen hat.
Er will weiter sammeln, recherchieren, ordnen, aufbewahren und langfristig auf
ein neues Nachschlagwerk dieser interessanten Thematik - dreht es sich
letztendlich doch um die kulturelle Bereicherung, die Flüchtlinge, Vertriebene
und Aussiedler für Deutschland sind - hinarbeiten. Glück auf,
Stephan-Heinrich Pollmann! Durch seinen Idealismus wird auch die skeptische
und allzu oft geäußerte Theorie des biologischen Endes unseres Volksstammes
widerlegt. Auch "Hiergeborene" zeigen Interesse an ihren südosteuropäischen
Wurzeln.
Das Buch Banatschwäbische und
siebenbürger Blaskapellen und Musikgruppen in Deutschland - für
Verbandsvorstände auch empfehlenswert wegen den aktualisierten Kontaktadressen
der Kapellen - kann bestellt werden bei: Stephan-Heinrich Pollmann, Marktstraße
5, 38678 Clausthal-Zellerfeld, Tel. 05323/83489.
Anton Potche
aus
BANATER POST, München,
20. Oktober 1995