Dienstag, 28. März 2017

Zwei Kerweizüge und viele Gäste

mv. Jahrmarkt. – Zwei Trachtenzüge marschierten am Sonntag zur Kerwei in dieser Großgemeinde auf. Das Fest war bereits Samstag eingeleitet worden, als die Gäste eingeladen wurden, unter ihnen auch Bürgermeisterin Mărioara Siminiuc. Im Kulturheimsaal, wo die Hans-Kaszner-Kapelle aufspielte, tanzten Sonntag nachmittag 19 Trachtenpaare ums Fass. Vortänzer waren Helmut Schlosser mit Rosemarie Linz, „Nohtänzer“ Erich Roth mit Anni Warres, zweites Nachtänzerpaar Franz Fröhr mit Ilse Maurer. Den Hut erhielt Peter Mayer, das Tuch ging an Viktor Schmidt.
Auf der überdachten Tanzfläche der Konsumgenossenschaft spielte die Mathias-Loris-Kapelle für 18 Trachtenpaare zum Tanz auf. Vortänzer waren Reinhard Nix mit Renate Warres, Nachtänzer Reinhard Kumaus mit Waltraut Bauer, zweites Nachtänzerpaar Horst Müller mit Eveline Engelmann. Den Hut gewann Mathias Jost, das Tuch ging an Peter Loris. Heute wird die Kerwei traditionsgemäß „begraben“. Die Nachkerwei findet in zwei Wochen statt.


aus NEUER WEG, Bukarest, 27. Mai 1980

Dienstag, 21. März 2017

Bereitschaft zur Demokratie?

Eine Trennung aus taktischen Erwägungen
Businesswetter beim Nachrichtensender n-tv. Toll. Man kann die momentanen Wettertemperaturen aller europäischen Hauptstädte ablesen. Aller? Bukarest fehlt. Keine Temperaturangaben. Liegt Rumänien nicht in Europa? Wer der Nicht- oder nur sehr spärlichen Berücksichtigung Rumäniens in den großen deutschen Tages- und Wochenblätter gewahr wird, muß wohl denken, dass dieses Land zumindest von den politischen europäischen Gesamtstrukturen noch weit entfernt ist, obwohl der Slogan „Zurück nach Europa“ schon gleich nach dem Sturz Ceauşescus dort lauthals ausgegeben wurde.
Warum sowohl Europaparlamentarier als auch Privatinvestoren sich spürbar zurückhalten, wenn das Thema Rumänien auf den Tisch kommt, liegt augenscheinlich an dem als gescheitert bewerteten Reformprozeß, den das Land nach dem Dezember 1989 durchgemacht hat. Dieser Prozeß hat im wirtschaftlichen, sozialen und politischen Leben Rumäniens keine demokratischen Strukturen nach westeuropäischem Muster geschaffen. Die Privatisierung kommt weiterhin nur sehr schleppend voran, ein Großteil der Bevölkerung lebt an der Armutsgrenze und in der Regierungskoalition sorgen Nationalisten und Altkommunisten für Dauerspektakel.
Die PDSR (Partidul Democraţiei Sociale din România – Partei der Sozialen Demokratie aus Rumänien) hat, um regieren zu können, einen Teufelspakt geschlossen, der ihren stets beteuerten Wandel vom Kommunismus zu einer demokratischen Partei in Frage stellt. Die im Januar 1995 eingegangene Koalition mit den nationalistischen Parteien PUNR (Partidul Uniunii Naţionale al Românilor – Partei der Nationalen Union der Rumänen), PRM (Partidul România Mare – Partei Großrumänien) und der neokommunistischen PSM (Partidul Socialist al Muncii – Sozialistische Partei der Arbeit) hat besonders durch die unbotmäßigen chauvinistischen Äußerungen des PRM-Vorsitzenden Corneliu Vadim Tudor dem Land ein schlechtes Image beschert.
Jetzt, im Vorfeld der in Rumänien bevorstehenden Kommunal-, Parlaments- und Präsidentschaftswahlen (1996) sucht die PDSR sich der selbst aufgebürdeten Last zu entledigen. Die Faszination der Macht scheint doch nicht alle Mittel zu rechtfertigen. Die PDSR hat am 19. Oktober ihre Zusammenarbeit mit der PRM des einstigen Hofschranzen Ceauşescus, C. V. Tudor, gekündigt. Rumort in den Gehirnen der PDSR-isten plötzlich ein Demokratiegerinsel, das jeden Nationalismus im Keim ersticken soll, oder ist alles nur Taktik? Ein kluger Schritt scheint es allenfalls zu sein, denn man versucht, gleich mehrere Fliegen auf einmal zu schlagen. Dem Ausland wird so Bereitschaft zur Demokratie signalisiert, die aufmüpfige ungarische Minderheit bekommt einen Beruhigungshappen vorgeworfen und an den Wahltagen kann die in der Gunst der Wähler noch immer führende Regierungspartei (bei einer Meinungsumfrage vom Juni 1995 führte die PDSR die Parteienliste mit 28 Prozent an) mit moralisch geputzter Weste dastehen.
Die Rumänen werden es honorieren. Sie haben anscheinend längst vergessen, daß auch die PDSR trotz allem nur eine Nachfolgepartei der PCR (Partidul Comunist Român – Rumänische Kommunistische Partei) ist und das viele ihrer jetzigen Würdenträger einst Mitarbeiter Ceauşescus waren. Besonders im Falle ihres Präsidenten Ion Iliescu scheint das Gedächtnis vieler Rumänen zu klemmen. Der Mann wird zum Teil sogar von der unabhängigen Presse des Landes ob der unqualifizierten Angriffe C. V. Tudors bedauert. Die PDSR-Oberen haben die Volksstimmung prompt genutzt und sich und den von ihnen politisch gestützten Präsidenten von dem Wadenbeißer befreit.
Rumänien hat seine politische Sensation. Noch nie war seine Demokratie so spannend. Der PDSR sei gedankt. Man kann bei diesen Ränkespielchen so schön die ökonomische und soziale Misere des Alltags vergessen. Ob das allerdings auch die ausländischen Investoren und politischen Beobachter beeindruckt, bleibt dahingestellt.
Mark Jahr

aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 3. Dezember 1995

Dienstag, 14. März 2017

Dienstag, 7. März 2017

Jahrmarkt

Hoch waren die Erwartungen, und was die Jahrmarkter Loris-Kapelle auf ihrem alljährlichen Festkonzert versprach, hat sie auch diesmal eingehalten: das Orchester, geleitet von Prof. Mathias Loris, und die Sänger boten gediegene Musik für jung und alt dar. Der Musikantenball wurde gleich zweimal abgehalten, also spielte man Samstag für die Verheirateten und Sonntag für die Jugendlichen. Ansagerin war Eva Stefan, als Gesangsolisten traten auf: Erna Mathis, Annemarie Loris, Hans Eichinger, Mathias Stefan, Annemarie Seibert, Nicki Seibert, Michael Bild, Matthias Bild, Peter Pfeifer. Zur Hörung gelangten u. a. die Komposition Musikantenstreik von Peter Loris, dem Urgroßvater des Kapellmeisters Prof. Mathias Loris, Meyerbeers Hugenotten-Ouvertüre, der Konzertwalzer Frühling im Banat von I. Gh. Stoica sowie das Lied Hare Krishna  aus dem Musical Haire. Gediegene Blas- und Unterhaltungsmusik rundeten die Abende zu Kulturerlebnissen ab.

aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, 12. Februar 1980

Donnerstag, 2. März 2017

Erinnern und diskutieren

Ein weniger bekanntes Stück Banater Realität
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Ernest Wichner (Hg.): Ein Pronomen ist verhaftet worden - Texte der Aktionsgruppe Banat, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-518-11671-1, DM 14,--
Werner Kremm, Ernest Wichner und Gerhard Ortinau mögen mir verzeihen. Ich habe ihre Texte mit Strichen versehen. Kein Grund zur Aufregung. Es sind keine Satzzeichen. Ich habe nichts verdorben. Aber es war schon spät und ich konnte das Nötige nicht mehr auseinanderhalten, um den Sinn der Zeilen zusammenzuhalten. Da war doch geschrieben: "trinken ist wichtig einige der väter sind schon allein durch die erinnerung besoffen." Ich taumelte weiter, weil ich unbedingt dieses verhaftete Pronomen finden wollte. Dazu trieb mich nicht nur die Neugierde. Ich hatte mir spontan die Aufgabe gestellt, ihm zur Freiheit zu verhelfen, nicht zur wagnerschen "Nachhonolulufahrenkönnen", sondern zu der, die ihm vielleicht eine Begegnung mit Landsleuten bescheren könnte.
"Eine kurze Geschichte oder Fragmente aus einem verhinderten Roman" machte mich dann doch neugierig. Der weiß doch etwas. Schade dass der Roman nicht geschrieben wurde. So erfahre ich eben nichts. Oder doch? Hat der nicht Angst zu reden? Schweigen war schon immer Gold.
Ich schloß mich dieser "radfahrt" einfach an. Nicht weil ich die Menschen kenne; aber die Gegend und was durch sie klang, scheint mir noch heute so vertraut zu sein, daß ich manchmal den Eindruck habe, sie gar nicht verlassen zu haben. Freilich ein Trugbild, denn auswandernde Menschen nehmen immer auch ein Stück  Landschaft mit.
Die zwei Bergmanns, der Jüngere und der ältere, sind längst der Realität entrückt. Sie entfernen sich immer mehr voneinander, der Ältere in Richtung einer qualvollen Vergangenheit, der Jüngere in Richtung einer konturlosen Zukunft.
Dann hielt ich inne und gab meinen Kindern eine Aufgabe zu lösen. Wie freute ich mich, als sie die Lösung schnell fanden: 7buergen.
Und wieder begab ich mich auf die Suche. Mit dem sympathischen Herrn Buchwald hatte ich dann meine erste Begegnung. Weiter traf ich Herrn Säbelmann, und was der so von sich gab, erinnerte mich an den Satz der alten Wolfsburgerin aus dem Dokumentarfilm "Der letzte Schwabenzug": "Ja, ja, jetzt kummt bal de Sensemann."
Die Begegnung mit dem Chefbuchhalter eröffnete mir den Einblick in ein sozialistisches Pissoir. Ich las mich fest in diesen kurzen Sätzen und war mit meinen Gedanken in und unter Straßen, die es bestimmt so nicht mehr gibt, wie ich sie erlebt habe. Vielleicht, ja wahrscheinlich ist es noch schlimmer.
 Lieber "gerhard", ein Unbefugter hat Deinen Brief gelesen. Ich habe dabei an die kleinen, aber feinen unterschiede der Napoleonbiographien gedacht, die mal aus deutscher, mal aus französischer Feder immer wieder in den Buchregalen auftauchen. Aber du hast schon recht, man sollte maßhalten.
Ich muß gestehen, meine Bekanntschaft mit George Ramses Thompson jr., dem unerschrockenen "geschichtswissenschaftler" war eine sehr angenehme. Ein wirklich schönes Märchen, nein, "eine abenteuergeschichte in h.c. artmanns art & weise".    
Dem "sohn des DICHTERS SOUNDSO" ging es nicht besser wie allen Künstlern mit einem prominenten Elternteil. Aber im Schatten stehen, muß ja nicht gleich als Lebensschattenseite empfunden werden. Man muß dabei nur den Floh im Elefanten erkennen.
Natürlich bringen die unkonventionellen Texte viele Fragen an die Oberfläche. Da hatte sich angeblich eine Gruppe junger deutscher Autoren aus Rumänien einem Programm verschrieben, das sich gar nicht so sehr als politisches, wie man sehr leicht geneigt wäre anzunehmen, sondern primär als ästhetisches etablieren sollte. Dann hat man die literarisch agitatorische Tätigkeit der "Aktionsgruppe Banat" doch als Politikum hochgespielt und sie durch die Securitate gnadenlos zerschlagen.     
"Ein Pronomen ist verhaftet worden." Jetzt, fast 20 Jahre nach seiner Verhaftung und Freilassung, habe ich es kennengelernt, natürlich gebrochen und kaum noch lebensfroh, sprich als Gruppe kreativ. Wirklich schade, daß die Gemeinschaft, in der diese Gruppe ("wir werden wie im märchen sterben / unsere särge werden mit den gedichten / geschmückt sein ...") entstand, nicht das erforderliche intellektuelle Leserpotential - rein quantitativ gesehen - hatte, um dichtenden Stürmern zur wahren Dissidentenschaft zu verhelfen. So wurden junge, nach Wahrheit suchende Schreibende, die sich schon in der marxistischen Ideologie verirrt hatten, fast über Nacht zu unangenehmen Bewußtseinserweckern, die dann den kommunistischen Schergen des größenwahnsinnigen Ceauşescu ohne öffentlichen Widerhall überlassen wurden.   
Zu dem aktiven Kern der nur drei Jahre alt gewordenen "Aktionsgruppe Banat" (1972 - 1975), der sich als Gruppenautor verstand und als solcher auch einiges veröffentlicht hat, gehörten laut dieser Anthologie: Albert Bohn (geb. 1955 in Arad), Rolf Bossert (geb. 1952 in Reschitza - gest. 1986 in Frankfurt am Main), Gerhardt Csejka (geb. 1945 in Guttenbrunn), Werner Kremm (geb. 1951 in Großsanktnikolaus), Johann Lippet (geb. 1951 in Wels/Österreich), Gerhard Ortinau (geb. 1953 in Movila Gîldăului / Bărăgan), Anton Sterbling (geb. 1953 in Großsantnikolaus), William Totok (geb. 1951 in Großkomlosch), Richard Wagner (geb.1952 in Lowrin) und Ernest Wichner (geb.1952 in Guttenbrunn).
Jetzt wurden einige ihrer Texte, Gedichte und auch Essays wieder von Ernest Wichner herausgegeben; ein Angebot für Literaturfreunde, Versäumtes nachzuholen oder Erinnerungen aufzufrischen. Diskussionsstoff enthält diese "Blumenlese" allemal.
Mark Jahr

aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 5. Juni 1994