Der Kreisverband Ingolstadt des Bundes der Vertriebenen
hatte für Sonntag, den 12. November 1995, eine Delegiertenversammlung der ihm
angeschlossenen Landsmannschaften und Heimatortsgemeinschaften einberufen. Als
wichtigster Tagesordnungspunkt stand die
Neuwahl des Vorstandes an. An der Versammlung nahmen 72 Delegierte teil. Sie
stammen aus dem Banat, Böhmerland, aus Niemes, Oberwischau, Pommern, Schlesien,
Siebenbürgen und aus dem Sudetenland.
In seiner Begrüßungsansprache verkündete der amtierende
stellvertretende Vorsitzende Otto Glöser,
daß am Vortag der langjährige Kreisvorsitzende des BdV-Ingolstadt und
Kreisobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft Eduard Steurer verstorben sei. Otto
Glöser würdigte die allseits anerkannte Tätigkeit des rührigen
sudetendeutschen Landsmannes, der vor 94 Jahren das Licht der Welt in Kumbach
im Bregenzer Wald erblickt hat. Eduard
Steurer war in gleichem Maße sowohl seiner vertriebenen Gemeinschaft als
auch seiner nach 1948 neu erschlossenen Heimat ergeben. Von 1962 bis 1972 war
er auch Mitglied im Stadtrat Ingolstadt.
Nach einer Schweigeminute setzte die Delegiertenversammlung
ihre Arbeit fort. Über den Tätigkeits- und Kassenbericht kam man zügig zur
Entlastung des alten Vorstandes und zu den Neuwahlen. Laut der Verbandsordnung
des BdV-Bayern, dem auch der BdV-Ingolstadt angehört, musste die Wahl des
Vorsitzenden und der vier Stellvertreter in geheimer Einzelabstimmung vorgenommen
werden.
Zum Vorsitzenden wurde (mit 69 Ja- und 3 Nein-Stimmen) Johann Metzger, einer der bisherigen
stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Der 40-jährige gebürtige Sanktandreser
war der Favorit der in die Jahre gekommenen Vorstandschaft des BdV-Ingolstadt,
hat er doch als Vorsitzender der Vereinigung der Banater Schwaben in Ingolstadt
schon viel Erfahrung in der Vereinsarbeit gesammelt. Seine erfolgreiche
Tätigkeit in der Kommunalpolitik lässt hoffen, dass die Landsmannschaften auch
weiterhin als bereicherndes Element des hiesigen Brauchtums- und Kulturlebens
betrachtet werden. Trotz aller Unkenrufe, die dem BdV landauf, landab ein
absehbares, biologisch bedingtes Ende bescheinigen, ist in Ingolstadt eine
Verjüngung dieses Verbandes gelungen, die wohl auch jenen den Wind aus den
Segeln holen wird, die allzu gerne und stets voreilig das Wort Revanchismus in
den Mund nehmen, wenn Vertriebene ihre Trachten anziehen und sich in ihrer
Mundart unterhalten oder ehrfurchtsvoll – aber immer vorwiegend vom Heimweh und
nicht von Rachegefühlen bewegt – ihren Vertriebenenpolitikern lauschen.
Neben Johann Metzger,
der sich im März zur Wahl des Ingolstädter Stadtrates auf der CSU-Liste stellen
wird, hat auch der junge, aber äußerst engagierte Tanzgruppenleiter der Siebenbürger
Sachsen aus Ingolstadt Walter Schuller
den Sprung in den engeren Führungskreis des BdV-Ingolstadt geschafft. Er wurde
mit einem guten Wahlergebnis zu einem der stellvertretenden Vorsitzenden
gewählt. Die anderen drei Stellvertreter
sind: Otto Glöser (Sudetenland), Oswin Dotzauer (Egerland) und Karl-Heinz Priemer (Sudeten-Schlesien).
Dem 20-köpfigen Vorstand gehören auch die Banater/in Franziska Graf (Schriftführerin) und Horst Unterweger (stellvertretender Kassier) sowie der Vorsitzende
des Kreisverbandes Ingolstadt der Siebenbürger Sachsen Ludwig Seiverth an. Alle anderen Sitze wurden paritätisch auf die
angeschlossenen Verbände verteilt.
Vertriebene und Aussiedler haben in dieser
Delegiertenversammlung bewiesen, dass ihre schicksalhaften Gemeinsamkeiten die deutsche Verbands- und
Kulturlandschaft auch weiterhin beleben werden. Eduard Steurer wäre mit dem hoffnungsträchtigen Bekenntnis seines
Verbandes zum Weitermachen mit einer verjüngten Führungsmannschaft bestimmt
zufrieden gewesen.
Anton Potche
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