Dienstag, 28. November 2017

Festival der Bergsaudörfer

Fotos: Michael Vastag
Blasmusik, Volkstänze und gute Stimmung gab es beim ersten Festival der Bergsaudörfer, das – wie berichtet – im Pionierlager bei Bogda stattfand. Mehr als 1000 Gäste von nah und fern hatten sich hier eingefunden, und alle kamen auf ihre Rechnung, denn rund 300 Laienspieler aus Bogda, Mașloc, Fibiș, Pișchia, Jahrmarkrt sowie Ensembles aus Temeswar und Dumbrăvița boten ein abwechslungsreiches Programm. Reichen Beifall erntete die Blaskapelle aus Jahrmarkt (Bild oben), die unter Prof. Mathias Loris mehrere Stücke, u. a. von George Enescu und Johann Strauß, vortrug und am Spätnachmittag auch ein Platzkonzert gab. Gut gefallen hat auch der von Kindergärtnerin Erika Maurer einstudierte und von Jugendlichen aus Pișchia vorgeführte Bändertanz (Bild unten). Alles in allem ein gelungenes Fest, bei dem es auch an Würstchen, Bier und Süßigkeiten nicht fehlte.

aus NEUER WEG, Bukarest, 24. September 1980

Dienstag, 21. November 2017

Blasmusik – deutsches Kulturgut

Die Donauschwaben haben immer zu ihrer Förderung beigetragen
Blasmusikliebhaber werden oft für ihren Geschmack belächelt. Andersdenkende – ob das auch immer Andersfühlende oder nur Scheingebildete sind, ist nur schwer zu erkennen – stellen sich oft in ihren Äußerungen zum Thema Musik mindestens eine Stufe über jene Menschen, die Blasmusik gerne hören. Warum nur, warum ist man altmodisch, ja sogar primitiv, ungebildet, wenn einem so eine Musik gefällt? Rock, Pop – heißt, zeitgemäß leben, Klassik – heißt, gebildet sein. Und wir, die Millionen anderen, die Musik nicht als Modeströmung empfinden oder als Bildungsstandard nach außen pflegen, die wir Musik nur als Gefühl aufnehmen, nach den ganz einfachen Kriterien schön oder nicht schön? Musik muß man nicht verstehen, man fühlt sich von ihr emotional berührt.
Musik, Lust fürs Ohr überschrieb SPIEGEL SPECIAL das Titelbild seiner Dezemberausgabe 1995. In kritischen Artikeln wird die deutsche Musikkultur unter die Lupe genommen und man liest dabei so klare Erkenntnisse wie: „Die deutschsprachige Kultur hat weder den Blues noch den Swing erfunden. Der Schlager wurzelt statt dessen in der Polka, im Walzer, im Rheinländer – und im Marsch, dessen Popularität freilich in (und unter) der deutschen Geschichte arg gelitten hat.“
Also genießen wir sie getrost weiter, unsere Walzer, Polkas, Rheinländer und Märsche, denn wir empfangen und verarbeiten dadurch bloß die natürlichen Impulse, die eine Kulturlandschaft, in die wir hineingeboren wurden, uns täglich als Ausdruck ihres Lebensmutes übermittelt. Diese Einstellung schließt natürlich eine kritische Betrachtung dieser Musikszene nicht aus. Wir müssen dankbar sein, daß es schon immer Künstler gab und gibt, die, trotz aller Wertschätzung für andere Kulturen, ihre Talente voll in den Dienst der heimischen Kultur stellen.
Ernst Mosch gehört zu diesen Männern, die die Musikszene Deutschlands seit 40 Jahren wesentlich beeinflusst haben. Sein außergewöhnliches Engagement für die Blasmusik schlägt sich nicht nur in 30 Millionen verkauften Tonträgern und in hunderttausenden Konzertbesuchern bei den Auftritten der Original Egerländer Musikanten nieder. Wer schon mal ein Mosch-Konzert besucht hat und die Begeisterung der jungen Menschen – oft in Vereinstrachten – beobachten konnte, wird mir wohl in der Annahme zustimmen, dass die derzeit in 9575 Kapellen musikalisch aktiven und passiven 1.288.458 Mitglieder der Bundesvereinigung Deutscher Blas- und Volksmusikverbände (BDBV) auch von Vorbildern wie Ernst Mosch und seine Original Egerländer Msikanten immer aufs neue motiviert werden.
Für die Deutschen in Südosteuropa war die Blasmusik ein wichtiges geistiges Bindeglied zum deutschen Sprachraum. Sie war es auch, die wesentlich die kulturelle Eigenart der Deutschen gegenüber den anderen Volksgruppen unterstrich. Das Gespür für die Blasmusik im allgemeinen und für die böhmische im besonderen ist den Deutschen Südosteuropas eigen und kann wohl auf die gemeinsame habsburgische Vergangenheit der Böhmen und Donauschwaben zurückgeführt werden. Darum ist es nicht verwunderlich, dass schon immer Donauschwaben auch bei den Original Egerländer Musikanten verpflichtet waren. Robert Rohr schreibt in seinem Buch Unser klingendes Erbe , Bd. II, von fünf Ungarndeutschen, die bei Ernst Mosch musizierten und erwähnt namentlich Stefan Koller (Flügelhorn) sowie Anton Schumacher (Trompete).
v. l.: Helmut Kassner, Hans Kaszner,
Ernst Mosch, Franz Tröster
Foto: Privat
Als Ernst Mosch anfangs der neunziger Jahre seine Kapelle massiv verjüngte, schafften vier Banater Schwaben die Eingliederung in die Reihen der allgemein als beste Blaskapelle der Welt gehandelten Original Egerländer Musikanten. Drei von ihnen kamen aus Jahrmarkt nach Deutschland. Hans Kaszner (geb. 1955) spielt Tenorhorn, Helmut Kassner (geb. 1961) Flügelhorn und Oswald Windrich (geb. 1966) Tuba. Der vierte im Bunde ist der aus Deutschbentscheck stammende Trompeter Franz Tröster (geb. 1962).
Oswald Windrich
Foto: Egerländer
Alle vier sind Berufsmusiker und widmen ihre Freizeit der Blasmusik. Sie leiten auch selbst Musikvereine und geben so ihre im Banat und in Deutschland erworbenen Blasmusikkentnisse an die heranwachsende Musikergeneration weiter. Sie wirken durch ihr Engagement in den Musikvereinen dem zu Unrecht schlechten Image der Blasmusik entgegen und tragen dazu bei, daß immer mehr der nach letzten Umfragen über zwei Millionen Kinder, die in Deutschland ein Instrument spielen, sich vorurteilsfrei zur Blasmusik bekennen werden.
Mark Jahr

aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 25. Februar 1996

Dienstag, 14. November 2017

Dienstag, 7. November 2017

Bogda / Blumental

Bei sonnigem Wetter und in einer malerischen Umgebung fand Sonntag an der Quelle Beregsăul-Bogda ein gelungenes Wiesenfest mit Blasmusik statt, das die Räte für politische Erziehung und sozialistische Kultur der Gemeinden Bogda und Blumental, innerhalb des Landesfestivals Cîntarea României veranstalteten. Die Promenadenkonzerte der Blaskapellen aus Jahrmrakt (Dirigent: Matthias Loris), Bruckenau (Manfred Loris) und Blumental (Peter Geiß) sowie die Darbietungen der Laienkünstler aus Fibisch, Igrisch, Dumbrăvița, Bogda und Temeswar (die Ensembles Timișul und Zora des Munizipalkulturhauses) wurden von den weit über 1000 Zuschauern reich mit Beifall belohnt. Applaus gab es auch für den schönen Bändertanz, den die Bruckenauer Tanzgruppe der Jugend unter der Leitung von Kindergärtnerin Erika Maurer gezeigt hat. Dieses erste Festival der Bergsau-Dörfer  – hervorragend organisiert – erwies sich als eine ausgezeichnete Initiative, die beispielgebend für die Heidedörfer ist.

aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, 16. September 1980

Donnerstag, 2. November 2017

Ein Banater Schwabe kandidiert für den Stadtrat in Ingolstadt

Viele Jahre lang wurde Ingolstadt nur im Zusammenhang mit der Firma Audi erwähnt. Wer heute Stadt und Automarke in einem Atemzug nennt, darf guten Gewissens „nur“ mit „auch“ ersetzen. Ingolstadt ist längst aus dem Schatten Audis getreten und hat sich als moderne Großstadt des Freistaates etabliert.
Die einst verschlafene Garnisonsstadt, in der Marieluise Fleißer (1901 bis 1974) die Gestalten für ihre an Brecht angelehnten Bühnenwerke traf und literarisch verewigte, erlebte nach dem Zeiten Weltkrieg eine rasante Entwicklung. Noch im Jahre des Kriegsendes gründeten ehemalige Führungskräfte der Auto Union AG, Chemnitz, in Ingolstadt das Zentraldepot für Auto Union Ersatzteile GmbH. Der Aufbruch in ein neues, friedliches, von Wirtschaftswundern und folgenden Konjunkturschwankungen geprägtes Zeitalter der fast grenzenlosen Mobilität hatte auch für die „Vier Ringe“ (Audi, Horch, DKW, Wanderer) begonnen.
Die Menschen im Raum Ingolstadt fanden Arbeit und Brot. Auch die vielen Vertriebenen konnten ihr Fachwissen, gepaart mit einer aus persönlichem Leid erworbenen sozialen Sensibilität, in die Produktionsprozesse des sich zum Konsumgut entwickelnden Autos einbringen. Der schon fast legendäre Audi-Betriebsratsvorsitzende Fritz Böhm und auch sein Nachfolger Erhard Kuballa, die die Interessen der Arbeitnehmer jahrzehntelang erfolgreich vertreten haben und beide noch immer dem Ingolstädter Stadtrat angehören (SPD), sind Vertriebene.
Die damals argwöhnisch beäugten Fremden wähnten ihre einzige Überlebenschance in einem wirtschaftlich und menschlich ausgebluteten Deutschland im Zupacken. Risikobereitschaft und schonungsloser Einsatz führten zu neuen Ufern. Firmennamen wie Möbel Wagner oder Mode Maltry bürgen heute noch für den erfolgreichen Unternehmergeist der Vertriebenengeneration. Ingolstadts Einwohnerzahl hatte sich schlagartig vergrößert und die Kleinstadt – ca. 30.000 Einwohner bei Kriegsende – war aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht.
In den siebziger Jahren setzte der Zuzug vieler Aussiedler – bis 1992 besonders aus Rumänien – ein. Audi wirkte wie ein Magnet auf die in Metallberufen gut ausgebildeten Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen, und die traditionellen Familienbande taten ein Übriges. Heute leben schätzungsweise 10.000 Angehörige dieser Volksgruppen in Ingolstadt (110.000) Einwohner).
Rein zahlenmäßig betrachtet, hat ihr Kommen Ingolstadt zur Großstadt etabliert, was nicht nur mehr Stadträtinnen und –räte in Amt und Würde gebracht hat, sondern auch den allgemeinen Betrachtungswert der Stadt für Außenstehende anhob und nicht zuletzt das Interesse von potentiellen Investoren schärfte.
Die Vereinigung der Banater Schwaben in Ingolstadt e.V. leistet einen wesentlichen Beitrag zur Imagepflege unserer Landsleute. Auch Persönlichkeiten aus dem örtlichen Kulturbetrieb wie Michael Bleiziffer (Theater) und Bernd Maltry (Musik) oder auch aus der Wirtschaft wie etwa der aus Jahrmarkt stammende Unternehmer Franz Predoiu (Dentallabor), die kein Hehl aus ihrer Abstammung machen, wenn sie darauf angesprochen werden, tragen dazu bei, daß Banater Schwaben in Ingolstadt längst nicht mehr als Fremde empfunden werden.
Zu diesen Integrationsmerkmalen einer Gemeinschaft gesellt sich in schon logischer Folge auch das politische Engagement einiger ihrer Mitglieder. Schon 1990 hatte die Ingolstädter SPD den damals 29jährigen, aus Kowatschi stammenden Horst Kahles – Beisitzer im Verein der Banater Schwaben  - auf ihrer Liste für den Stadtrat. Trotz eines Platzes in der zweiten Listenhälfte bekam er 9647 Stimmen; und das zu einer Zeit, als hiesige Republikaner auf schändlichste Art und Weise Stimmung gegen die Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen machten.
Die Republikaner sind nach ihrem Höhenflug (1990 – 9,05%) durch interne Querelen zwar in die Bedeutungslosigkeit abgesackt; die Gefahr ist aber nicht gebannt, denn die von den Republikanern abgespaltenen „Freiheitlichen“ sind eben jene Opportunisten, die vor sechs Jahren am unverschämtesten über die Deutschen aus Rumänien schimpften. Diese Gruppierung hat zurzeit drei (von 50) Sitze im Stadtrat und will natürlich auch in der nächsten Legislaturperiode dabei sein.
Johann Metzger (l.) &
Oberbürgermeister Peter Schnell

Foto: Helmut Graf
Quelle: BANATER POST
Umso wichtiger ist es, daß wir Ingolstädter Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen einen wortgewaltigen Fürsprecher im Stadtrat haben. Johann Metzger (41), Vorsitzender der Vereinigung der Banater Schwaben in Ingolstadt e.V. und Vorsitzender des BdV Ingolstadt sowie stellvertretender CSU-Kreisvorsitzender, ist dafür der geeignete Mann. Er will am 10. März die Gelegenheit beim Schopf packen und einen Sitz im Stadtrat erwerben. Die CSU hat ihm einen aussichtsreichen Listenplatz zugeteilt.
Durch diese Kandidatur setzen die Banater Schwaben stellvertretend für alle ortsansässigen Aussiedler den Heimatfindungsprozeß der Vertriebenen nahtlos fort und tragen so wesentlich zur Bereicherung aller Lebenszweige dieser in ungebrochenem Wachstum befindlichen Stadt mit mittelalterlichem Flair, bundesweit einzigartigen Museen (Bayerisches Armeemuseum, Deutsches Medizinhistorisches Museum), aber auch mit nur hier vorzufindenden Festungsanlagen in zirkularem und polygonalem Stil, bei.
Der Wahlkampf läuft auf Hochtouren und treibt seltsame Blüten. Politik, ein langweiliges Geschäft? Von wegen; man muß bloß hingucken. Endlich wird in Ingolstadt nach 20 Jahren vergeblichem Hin und Her mit dem Bau der dritten Donaubrücke begonnen, da wollen die Grünen das Vorhaben mit einem Bürgerbegehren stoppen. Prompt startet die SPD ein neues Bürgerbegehren zum Weiterbau der Brücke und am Samstagmorgen taucht der CSU-Bürgermeister mit zahlreicher Parteigefolgschaft in der belebten Fußgängerzone auf, um sich in die SPD-Liste einzutragen. Richtig skurril wird die Situation aber erst durch die lang angestrebte und dann an der Brücke zerschellte Wahllistenverbindung der Roten und der Grünen. Wer wohl der Nutznießer dieser Situation sein wird, ist unschwer zu erkennen. Die Roten werden sich insgeheim schwarz ärgern, während die Grünen die Sache sowieso nicht allzu ernst, dafür aber umso menschlicher betrachten, wirbt ihr OB-Kandidat, der erfolgreiche Kabarettist Günter Grünwald doch mit dem frommen Wunsch: „Viel Spaß beim Verkehr – aber nicht auf der Straße!“
Die Banater Schwaben in Ingolstadt können angesichts dieses Wahlkampfwirrwarrs ganz cool bleiben. Sie haben ihren eigenen Kandidaten. Johann Metzger kandidiert auf Liste 1, CSU, Platz 14. Wenn alle Wahlberechtigten Landsleute in Ingolstadt eine 3 vor den Namen Johann Metzger setzen, erweisen sie nicht nur ihrem engagierten Landsmann einen Dienst; sie bekennen sich durch ihre Stimmabgabe für Metzger zu ihren gemeinsamen Wurzeln – ohne deren bewusste Wahrnehmung man ewig einem unruhigen Suchergeist erliegt – und legen einen Grundstein für die Zukunftsgestaltung in dieser Stadt, in der sie gerne leben.
Anton Potche

aus BANATER POST, 20. Februar 1996