Dienstag, 27. Februar 2018

Nachtrag auf einen schmutzigen Wahlkampf


Die SPD hat offensichtlich ein Problem, das von Tag zu Tag für die Öffentlichkeit deutlicher erkennbar wird. Das Problem dieser Partei der kleinen Leute, Arbeiter und sozial Schwachen, wie sie sich gerne darstellt, ist ihr Vorsitzender Oskar Lafontaine selbst.
Seine rhetorisch gekonnt eingefädelte Machtergreifung im letzten Herbst hatte den bitteren Beigeschmack eines politischen Handstreichs. Die Euphorie der Genossen Delegierten auf dem Mannheimer Parteitag sprang, wie wir heute wissen, nicht auf die Basis über. Die verhielt sich erst mal abwartend; ebenso potentielle SPD-Wähler.
Letztere können ihre Zustimmung oder Ablehnung zu den Beschlüssen eines Parteitages sowieso nur an Wahlterminen kundtun. Da tauchen sie dann greifbar nahe auf, die neugewählten oder auch alten Parteispitzen. Mit Wahlversprechen vollbeladen ziehen sie durch die deutschen Lande und finden ab und zu auch mal ein Näpfchen. In das größte dieser mit Machtlust gefüllten Näpfchen hat der SPD-Obere getreten. „Der hot ningetreht, daß’m de Dreck owrem Kopp zammgspritzt is“, hieß es im Banat.
Daß die Schmutzkampagne gegen die Aussiedler gerade im Ländle losgetreten wurde, ist ein Meisterstück politischer Instinktlosigkeit, war doch anzunehmen, dass die in diesem Bundesland zahlenmäßig stark vertretenen und gut integrierten Aussiedler ein ihnen so lange verwehrtes demokratisches Wahlrecht nutzen werden. Nun ist diese Aussiedlerdiffamierung beileibe nicht der einzige Grund für den Sturzflug der SPD bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein vom 24. März, aber unverkennbar ein wichtiger. Der Schwabe Dieter Spöri scheint die Widerlichkeit seines Versuchs, sozial schwache Bevölkerungsschichten gegeneinander auszuspielen, bereits erkannt zu haben und will sich von seinen SPD-Ämtern verabschieden.
Entwarnung wäre allerdings zu früh angebracht, denn quer durch die Parteienlandschaft greifen noch immer viele, besonders jüngere Politiker mangels schneller Alternativen zu sozialen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten zum bewährten Mittel der Problementsorgung auf den gekrümmten Rücken schwacher Bürgergruppen. Leute wie Bernd Protzner (CSU) können da noch rechtzeitig von ihren Parteichefs zurückgepfiffen und belehrt werden.
Bei Oskar Lafontaine ist das aber anders. Bei ihm scheint es sich in der Aussiedlerdebatte nicht um Wahlkampfgelüste sondern um ein Weltanschauungsthema zu handeln, und das obwohl die Aussiedler für Deutschland nur ein zeitlich begrenztes Problem darstellen. Schon 1990 schrieb er in seinem Buch Deutsche Wahrheiten – Die nationale und die soziale Frage: „Gerade an diesem Artikel (116) des Grundgesetzes lässt sich ermessen , wie stark die deutsche Nation noch immer von der Abstammung, von der ethnischen Zugehörigkeit her definiert wird. Wer hingegen die Zugehörigkeit zu einer Nation konsequent nach den politischen Kategorien einer aufgeklärten republikanischen Sichtweise bestimmt, muß eine solche Orientierung an der Abstammung zurückweisen. Auch ist es nicht einzusehen, warum einem Türken, der in der dritten Generation hier lebt und deutsch spricht, die Einbürgerung versagt bleibt, einem Paragraphen-Deutschen jedoch, dessen Muttersprache vielleicht noch nicht einmal Deutsch ist, dieses Recht automatisch gewährt wird.“
Das sollten wir uns für den nächsten Urnengang schon mal vormerken.
Anton Potche
aus BANATER POST, München, 5. Mai 1996

Dienstag, 20. Februar 2018

Dienstag, 13. Februar 2018

Banater Kulturspiegel, Juli 1979 - Juni 1980

S. 45 - Juli - [...] Im Temeswarer Opernsaal bieten schwäbische Kulturgruppen und Solisten ein Musik- und Tanzprogramm dar. Es beteiligen sich der Schubert-Chor unter Leitung von Prof. Adrian Nucă-Bartzer, die Jahrmarkter Blaskapelle unter der Stabführung von Prof. Matthias Loris, die Marienfelder Tanzgruppe, die Kulturgruppe aus Lowrin, Lowriner und Temeswarer Folksänger, die Schauspieler Hans Kehrer, Elisabeth Kölbl, Adele Radin u. a. Die Darbietung wurde für die deutsche Sendung des Bukarester Fernsehens aufgezeichnet, für deren Gesamtgestaltung Nikolaus Berwanger zeichnete. [...]
S. 45 - August - [...] 178 Temescher Teilnehmer am zweiten Festival „Cîntarea României“ wurde von der Landesjury ausgezeichnet. Unter den Laienkunstschaffenden erhielten u. a. zweite Preise: der Temeswarer Schubert-Chor unter Leitung von Prof. Adrian Nucă-Bartzer, das Folk-Duett Ramona Nauy – Irmgard Holzinger (Lowrin), III. Preise die von Prof. Matthias Loris geleitete Blaskapelle des Jahrmarkter Kulturheims, die schwäbische Tanzgruppe von Marienfeld, Peter Berberich (Hatzfeld), Josef Klein (Temeswar), und die Kunstfotografen Robert Moser und Rudolf Sandor (ebenfalls Temeswar). Einen I. Preis erhielt die rumänische Abteilung des Lugoscher Volkstheaters mit Hans Kehrers Stück Narrenbrot. Für die deutsche Darbietung desselben Stückes wurden die Neupetscher Laienspieler mit einem IV. Preis ausgezeichnet, ebenso die Lowriner Kulturgruppe, die eine Gedichtmontage in schwäbischer Mundart darbot. Unter den Temescher Berufskünstlern wurden u. a.  ausgezeichnet: der Chor der Staatsphilharmonie „Banatul“, die Cellistin Alexandra Guțu, Dirigent Nicolae Boboc, die Schriftsteller Nikolaus Berwanger und Ivo Muncian, der Schauspieler Mátray Lászlo, die Gesangsolistin Mariana Drăghicescu (I. Preis), das Balletensemble der Temeswarer Rumänischen Oper, die Ballettänzer Francisc Valkay und Dumitru Manolache, die Ballettänzerin Elisabeth Lux, das Streichquartett „Timișoara“, die Pianistin Ingrid Szirovatka, der Geiger Dragoș Cocora u. a. [...]
S. 49 - Februar - [...] Die Jahrmarkter Loris-Kapelle gibt ein Festkonzert u. a. mit Kompositionen von Peter Loris, dem Urgroßvater des Kapellmeisters Matthias Loris. [...]
S. 49 - März - [...] Unter der Ägide des Temescher Kreisrates der deutschen Werktätigen bietet die Jahrmarkter Loris-Kapelle – Dirigent Prof. Matthias Loris – in der Olympiahalle ein großangelegtes Konzert dar. [...]

aus NBZ-Volkskalender 1981 / Temeswar, September 1980

Dienstag, 6. Februar 2018

Moderne Kunst in Ingolstadt

Annemarie Juhasz aus Temeswar im „MO“
Bei einer Kunstausstellung spielt auch das Ambiente eine wichtige Rolle. In der Regel stellen zeitgenössische Künstler ihre Werke in Galerien, Museumshallen, Foyers oder auch in Kundenräumen von Banken aus, schlicht überall dort, wo eine der Kunstrezeption dienliche Atmosphäre der Ruhe und Ernsthaftigkeit herrscht. Und trotzdem gibt es auch eine zweite, eher unkonventionelle Art von Kunstrepräsentation. Als „Kunst in der Kneipe“ ist sie besonders in den Großstädten nicht mehr aus heutigen Ausstellungsmodalitäten wegzudenken. 
Die Ingolstädter Altstadtkneipe „das MO“, zentral, mit Münsterblick gelegen, hat sich schon lange dem Daseinssinn „Kunst-Musik-Lebensart“ verschrieben. Man setzt sich an den Tisch, bestellt sich einen Cappuccino und lässt seine blicke durch die Runde schweifen. Die Wände sind immer mit Bildern behangen. Zurzeit sind es Werke von Annemarie Juhasz, geb. 1949 in Temeswar und jetzt in Ingolstadt beheimatet. 
Als die experimentierfreudige und mutige – Selbstzweifel und Drang ans Licht der Öffentlichkeit fanden ihre Kriegsschauplätze schon immer in Künstlerseelen – Autodidaktin sich vor einem Jahr zum ersten Mal in die aktive Kunstszene wagte, sprach die Ingolstädter Künstlerin Gerda Büttner Biernath von einer Frau, die schon in ihrer Temeswarer Kindheit „die Gegenstandslosen, die Abstrakten, die Konstruktivisten, die Konkreten“ verehrte. Wassilij Kandinskij und Victor de Vasarély stehen als geistige Paten.
Zwei rote Punkte, 1995
Nun sitzt man da und beginnt sich in die 20 Bilder zu vertiefen, regelrecht hineinzudenken, zu träumen. Was mögen sie wohl bedeuten? Wo versteckt sich die wahre Botschaft der Künstlerin? Es sind doch nur geometrische Figuren, farbige, streng abgegrenzt voneinander, dann aber wieder zueinander strebend. Merkwürdig. Diese zwei roten Punkte in der gelben Allee, umsäumt vom stark zwischen hell- und dunkelgrün kontrastierenden Kork. Sie suggerieren einem Temeswarer vielleicht zwei sich suchende Liebende. Aber Rot, mein Gott, ja Liebe, aber auch so viel Leid hat diese Farbe über die Menschheit gebracht. Es ist am besten, man fragt erst gar nicht nach der Symbolik der einzelnen in Acryl, Acryl + Öl, Acryl + Kork gemalten Bilder.
Jedes der Werke sagt wohl einem jeweils anderen Betrachter etwas anderes. Sie regen alle zu Gedankenspielen über die Zukunft, aber auch zum Zurückdenken an. Ja, und verharrt man dann zuletzt bei den „12 Elementen“ aus Acryl (85x130), dann ist man spontan in die Sorglosigkeit glücklicher Kinderjahre katapultiert. So viel Fröhlichkeit, kindliche Stimmigkeit, Kindergartenatmosphäre.
Ohne Titel, 1995
Der Cappuccino ist kalt. Die Bedienung freut sich über das Trinkgeld. Sie hat es für einen Kunstgenuß bekommen. Die Gemeinschaftsausstellung „Ohne Titel – Zwei rote Punkte“ von H. E. Gabriel (Maler, Graphiker, Bühnenbildner, Journalist gewesener Leiter des firmengeschichtlichen Archivs der Audi AG) und Annemarie Juhasz konnte bis zum 22. April 1996 in der Kunstkneipe „das MO“ besichtigt werden.

Mark Jahr


aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 28. April 1996